Cheyenne, Wyoming, 26. Oktober
Im Plains Hotel in Cheyenne, Wyoming, bin ich dieses Mal nur für eine Nacht. Das Auto habe ich wie im vergangenen Dezember in der Parkgarage drei Blocks weiter abgestellt, auf der obersten Plattform, von der man einen Blick über die Dächer der Stadt und weit in die Prärie hat. Bei meiner Ankunft damals, schon gegen Mitternacht, war in dem wie ausgestorbenen Gebäude ein Wagen mit brüllendem Motor und quietschenden Reifen die engen Haarnadel-Kurven hinuntergerast, als würde ausgerechnet hier eine Tatort-Folge mit allen Klischees gedreht, und nur der erwartete Schusswechsel blieb aus. Diesmal wurde auf dem Highway von Denver herauf nach einem silberblauen Dodge gefahndet, alle paar Kilometer die Leuchtschrift HIT AND RUN in der Dunkelheit und die Aufforderung, die Augen offen zu halten. So war jeder ein potenzieller Highway Trooper, und als Besitzer eines silberblauen Dodge war man gut beraten, an den Straßenrand zu fahren, die Warnblinkanlage einzuschalten, mit erhobenen Armen auszusteigen und sich am besten flach auf den Boden zu legen.
In der Lobby des Hotels kommt mühsam eine Halloween-Party in Gang, und als ich mir später die Beine vertrete, stehen immer noch an jeder zweiten Straßenecke die übermannshohen, mit unterschiedlichen Motiven verzierten Cowboystiefel, auf die mich im letzten Jahr die Frau an der Rezeption als eine der Hauptattraktionen der Stadt aufmerksam gemacht hatte. Ich hatte gedacht, sie stünden dort herum, wie eine Zeit lang in allen möglichen Schweizer Städten bunt bemalte Plastikkühe herumgestanden waren, und würden irgendwann wieder verschwinden, aber jetzt sah es doch eher nach etwas Permanentem und sehr ernst Gemeintem aus.
Als Besitzer eines silberblauen
Dodge war man gut beraten,
an den Straßenrand zu fahren,
die Warnblinkanlage einzuschalten, mit erhobenen Armen auszusteigen
und sich am besten flach auf den
Boden zu legen.
Vor nicht einmal zwölf Monaten war ich im Schneetreiben bis an den Stadtrand gegangen, buchstäblich ohne einer Menschenseele zu begegnen, an dem verlassenen Rodeo-Stadion entlang, mit dem zwar offenen, aber wie lange nicht besuchten Western-Museum, und je weiter ich aus dem Zentrum hinausgeraten war und je mehr ich mich dem Gelände der Air Force Base da draußen genähert hatte, umso häufiger war ich an den Wohnhäusern von Militärs oder jedenfalls mit ihnen Sympathisierenden vorbeigekommen, winzigen Häusern mit entsprechenden Insignien und zum Teil riesigen, doppelt so groß wirkenden Wohnwagen davor. Was hatte ich auf einer Autotür gelesen? AIR FORCE STRIKES GLOBAL COMMAND. Ich wollte mich dem Gelände so weit annähern, bis ich zurückgewiesen würde, und mir ansehen und anhören, wie eine solche Zurückweisung aussah, wenn ich entweder naiv oder oberschlau fragte oder beides zusammen, und scheiterte dann nicht weit davon entfernt ausgerechnet an einem Golfplatz mit richtiger Country-Club-Anmutung, der so abgezäunt war, dass mir ein Weiterkommen verunmöglicht wurde. Dazu hatte ich die Brücke eines Autobahnzubringers außerhalb der Leitplanken auf einem schmalen Grasstreifen überqueren müssen und war von den vorbeifahrenden Autos an- und ausgehupt worden. Überall steckten gelbe und rote Fähnchen mit der Aufschrift DANGER BURIED ELECTRICITY im Gras, aber es sah nicht so aus, als würde ich über ein Minenfeld tapsen. In Gehweite gab es eine Art Naherholungsgebiet, einen kleinen See, und dort, auf dem nicht asphaltierten Parkplatz, standen in großem Abstand voneinander dicht am Ufer zwei Geländewagen mit laufendem Motor im anhaltenden Graupeln. Im einen saß ein Mann, im anderen eine Frau, und beide blickten auf die Autobahn auf der anderen Seite hinüber, hatten ihr Telefon ans Ohr geklemmt und schienen weniger zu sprechen, als über lange Perioden zuzuhören oder einfach in der Haltung erstarrt zu sein, weil ihr Gegenüber womöglich brüsk aufgelegt hatte.
Buffalo, Wyoming, 27. Oktober
Auf dem Highway Richtung Norden, zwischen Cheyenne und Buffalo, die wiederholten Windwarnungen und die mich elektrisierende Ankündigung von Schnee für Jackson am Montag, weil ich im vergangenen Jahr unter anderem nach Jackson gefahren war, um dort Schnee zu sehen, und keinen Schnee gesehen hatte. Jederzeit können jetzt irgendwo am Straßenrand die Warnlichter angehen und die Schranken fallen. Wie man alle paar Kilometer auf Schildern lesen kann, trägt ein Stück des Highways auch den Namen „Wyoming Veterans Memorial Highway“, was in mir finstere Bilder hervorruft von einem gläsernen Schneewittchen-Leichenwagen mit einem flaggendrapierten Sarg darin und kilometerweit Spalier stehenden Leuten, dem letzten Aufgebot auf dem langen Weg von Afghanistan zurück in das Nest, aus dem ein Lebender Monate zuvor aufgebrochen ist, um jetzt als Toter zurückzukehren, ein Produkt der Kriegsindustrie, die wie andere Industrien billig im Ausland fertigen lässt. Die Prärie schmutzig gelb, der Himmel fast weiß, mit einem milchigen Blauton, und plötzlich alles grau in grau und die Radiostimme wie lange vor der Zeit der selbstverständlichen Vernetzung und der dauernden Erreichbarkeit, geradeso, als hätte sie noch einmal die Funktion, die paar Seelen, die irgendwo am Ende der da und dort abgehenden Wege leben, über die weiten Entfernungen zusammenzuhalten und ihnen die Gewissheit zu verschaffen, dass es außer ihnen noch jemanden gibt und dass sich nicht alle anderen in Sicherheit gebracht haben und in wirtlichere Landstriche verzogen sind. Ausgerechnet hier dann die Werbung eines Bezahlverlags, die den wahrscheinlich zu Hunderten auf dem flachen Land zwischen den Kühen unverdrossen vor sich hin schreibenden zukünftigen Schriftstellern ein Survival Kit anbietet, mehrmals eine Nummer nennt und mit einer Dringlichkeit die Aufforderung CALL NOW folgen lässt, als ginge es um Leben und Tod.
In Buffalo sind im einsetzenden Schneetreiben auf einem Wiesenstück in der Ortsmitte die Dorfkinder versammelt und unter den Blicken ihrer Mütter damit beschäftigt, Halloween-Gesichter in riesige Kürbisse zu schneiden und sich im Seilziehen zu messen. Die paar Männer, die man auf der Straße sieht, tragen fast alle Tarnanzüge und signalorangefarbene Schildkappen. Während ich meinen Blick nicht von den ganz mit sich beschäftigten Kindern lösen kann, fährt ein silberfarbener Pick-up mit einer wild bellenden Rotte von Jagdhunden auf der Ladefläche kaum schneller als im Schritttempo die Main Street entlang und kommt gleich darauf noch einmal zurück, und die Hunde sind jetzt außer sich und balgen sich auf engstem Raum wie ein Rudel Schlittenhunde, die sich in ihren Seilen verfangen haben und sich mit jeder Bewegung nur noch unauflösbarer ineinander verstricken. Dem Wiesenstück gegenüber gibt es ein Sportgeschäft, in dem man alles kaufen kann, was einem das Überleben im Freien sichert, Outdoor-Kleidung, Angelruten, Skier, Zelte, und hinter der langen Verkaufstheke hat man eine Auswahl von Gewehren, die für eine ganze Kompanie reichen würde.
Sheridan, Wyoming, 28. Oktober
Es gibt nichts zu tun an einem Sonntag in Sheridan, Wyoming, jedenfalls nicht in dieser Jahreszeit, und die Main Street und die paar anderen Straßen, die man schnell abgegangen ist, verlieren sich im Regen. In einer Auslage Möbel mit indianischen Verzierungen, unter anderem mehreren Hakenkreuzen und einem erklärenden Schild daneben, dass es sich dabei um ein Symbol der Ureinwohner handle, genannt WHIRLING LOG, seine Bedeutung WELL BEING, und dass es auf 4.500 bis 3.500 vor Christi Geburt zurückzudatieren sei.
Das Schlachtfeld am Little Bighorn liegt mit dem Auto eine Dreiviertelstunde entfernt. Dort haben sich am 25. und 26. Juni 1876 in einem letzten vergeblichen Aufbäumen mehrere tausend Indianer einer Abordnung von Soldaten entgegengestellt und einen letzten vergeblichen Sieg errungen, der ihre endgültige Niederlage nur beschleunigte. Mehr als 260 Soldaten kamen an diesen beiden Tagen ums Leben, und das trug dazu bei, dass sich die Regierung in Washington entschloss, die Sache ein für alle Mal zu klären. Das Schlachtfeld zieht sich über mehrere Kilometer einen Kamm in der Prärie entlang, und wenn man dort umhergeht, mit Blicken weit in die Ferne, kommt man kaum umhin zu denken, dass der 25. und 26. Juni 1876 schöne Tage gewesen sein müssen, Sommertage mit einer milden Brise, an denen man ganz etwas anderes hätte tun können, als sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen, vielleicht einen Einspänner nehmen und mit einem Mädchen und einer Flasche Whisky herausfahren, im Gras sitzen und in die gelbe Weite schauen.
Es gibt einen Souvenirshop, in dem die Nachkommen der Nachkommen der Nachkommen … und es gibt eine Tankstelle mit einem Tankwart, der mich mit seinen hängenden Augenlidern an meinen Cousin Uli erinnert, der beim Indianerspielen in unserer Kindheit mit seiner Pferdedecke über den Schultern einmal einen unvergesslich majestätischen Eindruck bei mir hinterlassen hat. Der Tankwart bedient mich mit einem tief melancholischen Blick, und als ich am nächsten Tag noch einmal bei ihm tanke, obwohl der Tank noch fast voll ist, sieht er mich an, als wüsste er genau, dass ich nur seinetwegen ein zweites Mal vorbeigekommen bin, und ich kann nicht entscheiden, ob ihn das mit Verachtung oder einer wohlwollenden Ironie erfüllt.
Ich sitze in einer Bar in Sheridan,
als ich immer noch an diese kleine Gruppe der Geschlagenen denke,
während um den Tresen das Gelage
von ein paar Einheimischen beginnt, nicht anders, als ich es von zu Hause
in den Bergen kenne.
Nicht weit von der Tankstelle, neben einem Gestell für eine Leuchtschrift, die ein Casino bewirbt, steht eine winzige Holzkirche, und als ich sie betrete, findet gerade eine Messe statt. Alle wenden sich nach mir um, und der Pastor, der mir freundlich zunickt, während er in einer mir nicht nur unverständlichen, sondern nicht einmal erkennbaren Sprache spricht, steht hinter einem Altartisch und vor einer über der hinteren Wand aufgespannten, israelischen Fahne. Sie haben alle indianische Gesichtszüge und gehen am Ende alle auf ein halb verfallenes Wohnhaus ganz in der Nähe zu, von dem ich beim Herkommen gedacht habe, dass sicher schon längst kein Mensch mehr darin lebt.
Ich sitze in einer Bar in Sheridan, als ich immer noch an diese kleine Gruppe der Geschlagenen denke, während um den Tresen das Gelage von ein paar Einheimischen beginnt, nicht anders, als ich es von zu Hause in den Bergen kenne. Bier und Shots in atemberaubender Geschwindigkeit, eine junge Frau, die auf die Theke klettert und tanzt, Blümchenkleid, Cowboystiefel und nackte Waden trotz der Nullgrad-Kälte draußen, aus der Jukebox „I don’t care, I love it, I don’t care, I love it, I don’t care, I love it“, und dann nur mehr „I love it, I love it, I love it, I love it, I love it …“, und ein röchelnder Kampfhund, der alle paar Minuten dahergewatschelt kommt, sich neben mir an einem Hocker aufrichtet, seine Pfote wie zum Gruß hebt und darauf wartet, dass der Barkeeper, ein Hundertzwanzigkilomann in einem Muskelshirt mit der Aufschrift NATIVE, ihn abklatscht, ein martialisches High Five unter ganzen Kerlen.
Bozeman, Montana, 29. und 30. Oktober
Der Hagelsturm kommt wie aus dem Nichts in der einbrechenden Dunkelheit in Bozeman, Montana, und in Sekundenschnelle ist rundum alles weiß. Ich bin von meinem etwas außerhalb gelegenen Hotel in die Stadt gefahren, und auf der Rückfahrt überrascht mich der Wettereinbruch, vor mir ein riesiger, weißer Vorhang, der aus dem Himmel hängt und sich in weit ausschwingenden Wellen zu bewegen scheint.
Der nächste Morgen ist klar, als ich in die Prärie hinausfahre, um dort das Auto irgendwo stehenzulassen und ein paar Stunden ganz nach Belieben in irgendeine Richtung zu gehen. Bald hinter der Stadtgrenze das Schild BELGRADE AMSTERDAM ONE MILE gibt mir großes Zutrauen, dass ich mich in einer poetischen Welt befinde, in der ich mich nicht verirren kann, und als ich später auch noch auf ein anderes Schild mit der Aufschrift ONE MILE ROAD TWO MILES stoße, weiß ich, dass alles seine Richtigkeit hat. Am Ende lande ich doch in dem ausgeschilderten Buffalo Jump State Park und steige vom Parkplatz zu der Felsklippe und dem Plateauvorsprung hinauf, über den die Indianer noch vor zweihundert Jahren ganze Büffelherden in den Tod getrieben hatten.
Einen Elchbullen in die Knie zu
kämpfen ist indessen angeblich noch niemandem gelungen, aber bei dem Versuch sind bislang immerhin zwei Männer ums Leben gekommen,
auch eine Art Fairness.
Ich bin in dieser Jahreszeit der einzige Besucher, und als ich oben anlange, höre ich zuerst aus der Ferne und dann näher Schüsse. Zu sehen ist nichts, zu sehen ist niemand, aber sie scheinen aus allen Himmelsrichtungen zu kommen, und einen Augenblick überlege ich, ob es nicht klug gewesen wäre, wenn ich mir in dem Sport- und Waffengeschäft in Buffalo wenn schon kein Gewehr, so doch wenigstens eine dieser signalorangefarbenen Schildkappen gekauft hätte. Das würde gewährleisten, dass mich nicht ein übereifriger Spinner für Wild hielt oder dass er zumindest nicht mit der Ausrede durchkommen würde, er hätte mich dafür gehalten. Der lächerliche Impuls dann, vor mir selbst so zu tun, als würde ich beschossen, und als wäre es nicht nur vor mir selbst, sondern als hätte ich ein applaudierendes Publikum unter dem weiten Himmel. Bei jedem neuerlichen Krachen muss ich mich zurückhalten, nicht mit einem Hechtsprung Deckung zu suchen, bis ich am Ende in lautes Lachen ausbreche.
Am selben Abend fällt mir in der Pizzeria, zu der ich mich von meinem Hotel aus über ein Gewirr von Straßen und halbleeren Parkplätzen durchgeschlagen habe, ein Outdoor-Magazin in die Hände, in dem in einem langen und sich kundig gebenden Artikel diskutiert wird, bis zu welcher Distanz es noch ethisch sei, auf Wildtiere zu schießen: „At what distance does taking a shot at an animal become unethical?“ Es werden unterschiedliche Waffen abgehandelt, unterschiedliche Munition, die Ballistik, der Einfluss des Windes, und wenn ich es richtig verstehe, geht es bei der sogenannten KILL RATE um den Prozentsatz der sofort tödlichen Schüsse. Auf welchen Wert soll man sich einigen, auf 70, 80 oder 90 Prozent? Wo beginnt die Tierquälerei? Und wie verhält es sich mit einem Genickschuss aus allernächster Nähe? Im selben Heft ein Artikel über die Ausrottung oder Beinahe-Ausrottung der Büffel fast gleichzeitig mit der Beinahe-Ausrottung der Indianer, im selben Heft auch ein anderer Artikel über einen Nahkampfsport, bei dem man den Wildtieren unbewaffnet entgegentritt, weder Gewehr, noch Pfeil und Bogen, noch Messer oder Speer. Man schleicht sich an das Tier an und ringt es mit seinen Händen nieder, nimmt es in den Schwitzkasten und zwingt es zur Aufgabe, lässt es sodann wieder frei. Die Wörter, die dieses Treiben rechtfertigen sollen, sind „Nachhaltigkeit“ und „Fairness“. Die Frage, wozu und warum, ist wahrscheinlich noch schwerer zu beantworten, als wenn man das Tier getötet hätte, aber die stellt natürlich niemand, und so sehen sich die Rehe und Hirsche in den Rocky Mountains immer häufiger diesem neuen Feind gegenüber, der es ach so gut mit ihnen meint. Einen Elchbullen in die Knie zu kämpfen ist indessen angeblich noch niemandem gelungen, aber bei dem Versuch sind bislang immerhin zwei Männer ums Leben gekommen, auch eine Art Fairness.
Butte, Montana, 31. Oktober
Schneetreiben, den ganzen Tag, in Butte, Montana, einer Bergarbeiterstadt, die bessere Tage gesehen hat, wie man so sagt, aber es sind auch jetzt gute Tage. Die Straßen zum historischen Zentrum steigen ziemlich steil an, und auf dem Hügel an ihren oberen Enden ragen die aufgelassenen Fördertürme zwischen den letzten Häusern ins Verschwommene. Es gibt eine Platinum, eine Diamond, eine Mercury, eine Galena, eine Granite, eine Quartz, eine Copper und eine Caledonia Street, und sie kreuzen sich mit dem üblichen Broadway, der Main Street, der Park Street. Große SUVs und Straßenkreuzer wie in der hundertsten Dokumentation über Kuba cruisen im Schritttempo an einem vorbei, und als hätten sie es so abgesprochen, taucht der eine immer erst auf, wenn der andere verschwunden ist, Straßenkreuzer auch in Hinterhöfen, aufgebockt oder mit platten Reifen, eingeschlagenen Scheiben, und überall in den winzigen Vorgärten Hunde, bellende Hunde, für die ich wahrscheinlich seit Unzeiten der erste Fremde bin.
Immerhin: Wim Wenders was here,
und auch ich bin das ganze Jahr
nicht so glücklich gewesen wie unter
der heißen Dusche in meinem Hotel
in Butte, Montana.
Es fällt mir nichts Besseres ein, als das ganze Geviert abzugehen, jede Straße von ihrem Anfang bis zu ihrem absehbaren Ende, und dann auch alle quer dazu verlaufenden Straßen. Verlassene Häuser hier und dort, zwei Pfandleihhäuser, die Gold und Waffen in Zahlung nehmen, das berühmte Finlen Hotel überheizt, wo im Foyer Vorbereitungen für eine Halloween-Party getroffen werden, eine Buchhandlung mit zwei älteren Buchhändlerinnen, die mich so nachdrücklich zum Bleiben auffordern, dass ich mir sofort ein Bleiben für immer ausmale, als ich durchnässt bei ihnen eintrete – und schließlich gehe ich zu der riesigen Baugrube vor, in der bis in die frühen Achtzigerjahre Kupfer abgebaut worden ist. Das Gelände ist weiträumig abgesperrt, und man kommt nur durch einen schmalen Tunnel auf eine Besucherplattform und steht dann vor diesem gefluteten Loch, einer grünlichen, schwefelsauren Brühe, aus der giftige Dämpfe aufsteigen. Die Länge soll mehr als eineinhalb Kilometer betragen, die Breite fast einen Kilometer, aber ich kann im Dunst und mit den Flocken in der Luft kein Ufer erkennen und würde mich nicht wundern, wenn die Ausdehnung noch viel größer wäre. Vor zwanzig Jahren soll ein Schwarm Schneegänse in dichtem Schneefall die Orientierung verloren haben und auf dem Wasser gelandet sein, und nur ein paar Tage später, festgehalten durch schlechte Sicht und noch mehr Schnee, waren mehrere hundert von ihnen tot.
Nicht weit entfernt ist eine kleinere Grube noch in Betrieb, und von der vorbeiführenden Straße aus sehe ich hoch über mir riesige Lastwagen auf einem Kamm hin- und herfahren, im aufziehenden Nebel wie frei schwebend in der Luft, nur ihr Lärm ist so nah, dass ich mich unwillkürlich umwende. Auf dem Rückweg zum Hotel dann nicht nur keine Menschenseele auf der Straße, was normal wäre, sondern auch die Autos, als würden sie ohne Fahrer und ohne Mitfahrer nur die Realität einer lebendigen Stadt simulieren, und später am Abend im Kino in der Shopping Mall bin ich in einem Auditorium mit annähernd dreihundert Sitzplätzen der einzige Besucher. Immer noch in der europäischen Zeit lebend, verschlafe ich den Film fast zur Gänze, First Man über Neil Armstrong und die erste Mondlandung, und als ich gegen Mitternacht durch einen Hinterausgang ins Freie gespuckt werde, muss ich um den ganzen Gebäudekomplex herum, um meinen Weg zu finden, und überquere hektargroße Parkplätze, auf denen nur ganz vereinzelt Autos stehen. Es schneit immer noch, und in diesem Augenblick hätte ich nicht einmal auf dem Mond weiter weg von allen Menschen sein können, und vielleicht bin ich zudem überhaupt der letzte Besucher dieser riesigen Shopping Mall gewesen. Denn am Morgen darauf lese ich in der lokalen Zeitung, dass dort nach etlichen Geschäftsschließungen in jüngster Zeit soeben wieder ein Geschäft geschlossen hat, und ich kann mir vorstellen, wie demnächst die Bagger und Bulldozer anrollen, den ganzen Krempel zusammenschieben und in der stinkenden Baugrube versenken.
Auf der Toilette der High School, auch das steht in der Zeitung, ist ein Zettel gefunden worden mit der Ankündigung eines „Mass Shootings“. Natürlich kann man auch etwas kunstreligiös Pittoreskes in all dem sehen, immerhin: Wim Wenders was here, und auch ich bin das ganze Jahr nicht so glücklich gewesen wie unter der heißen Dusche in meinem Hotel in Butte, Montana, als ich mich nach den vielen Stunden draußen lange nicht habe entscheiden können, ob der Schmerz in meinen erfrorenen Fingern noch Schmerz war oder schon Wohlbehagen, und am liebsten für immer in diesem Zwischenzustand verblieben wäre.
Missoula, Montana, 1. November
Wie sehr ich deinen Namen liebe, Missoula! Dauerregen. Es soll eine Softball-Mannschaft hier gegeben haben oder immer noch geben, die „The Montana Review of Books“ geheißen hat oder heißt, weil einer ihrer Spieler Schriftsteller war. Wenn es stimmt, ist das eine schöne Abweichung ins Phantastische, denn die Football-Mannschaft der Universität nennt sich, wohl deutlich näher an der Realität, „Montana Grizzlies“. Die berühmteste Buchhandlung der Stadt heißt „Fact and Fiction“, es gibt ein über die Region hinaus bekanntes Creative-Writing-Programm, und nach allem, was man in ein paar Stunden wahrnehmen kann, ist hier noch eine der letzten Enklaven, in denen man die ewig sinnstiftende Verbindung von Literatur und Alkohol feiert, Bilder von grimmig aussehenden Lyrikern mit zerschlagenen Boxergesichtern und überhaupt harter Schale, weichem Kern, Wasserlöcher, die damit werben, dass sich dort die oder die Berühmtheit den Kopf schwindlig getrunken hat. „Stay warm“, sagt die Frau an der Hotelrezeption, „stay warm“ die Buchhändlerin und „stay warm“ auch die Verkäuferin im Coffee Shop, als ich in den Regen hinaustrete, ein Zufall wohl, aber ich bilde mir gern ein, dass sich das hier, gar nicht so weit von der kanadischen Grenze, als alltäglicher Gruß durchgesetzt hat, vielleicht zuerst nur im Winter, dann aber auch im Sommer, „stay warm“, will sagen „stay alive“.
Ich habe mich zu Hause damit
lächerlich gemacht, dass ich gesagt habe, ich würde am liebsten
reiten lernen, um wenigstens
einmal auf einem Pferd in die
Prärie hinauszutraben.
Der anhaltende Regen treibt mich auch in das Art Museum, und dort steuere ich direkt auf ein Bild zu, ein Foto, und kann schon nach ein paar Augenblicken die Empfindung nicht mehr zurückhalten, ich hätte die ganze Reise nur wegen dieses Bildes unternommen. Darauf läuft ein Mädchen, wahrscheinlich dreizehn- oder vierzehnjährig, mit seinem Hund vor der offenen Prärie, nur das Relikt eines Zaunes, dahinter gelbes Gras, ein grauer Himmel, die Andeutung einer Bergkette am Horizont, eine Landschaft, wie sie nicht typischer für weite Teile von Wyoming und Montana sein könnte. Es ist ein kräftiges, fast unaufhaltsames Laufen, das dunkle Haar des Mädchens weht in einem langen Schweif hinter ihm her, und noch bevor ich mich in der Broschüre zur Ausstellung vergewissert habe, ahne ich, sie ist Native American. Vielleicht deshalb diese Ausstrahlung, diese Stärke, diese Einsamkeit, diese Freiheit, diese Gewissheit womöglich, über eigenes Land zu laufen, wie weit auch immer sie liefe und wer auch immer sich einbildete, es gehöre ihm. Auf ihrem T-Shirt kann man, von der Seite gesehen, zwei Buchstaben erkennen, ein C und ein A, die ich in meinem Kopf zu CANADA ergänze.
Ich habe mich zu Hause damit lächerlich gemacht, dass ich gesagt habe, ich würde am liebsten reiten lernen, um wenigstens einmal auf einem Pferd in die Prärie hinauszutraben, bevor es zu spät ist, ein müder Wunsch, nur halb ernst gemeint, aber halb eben doch, ein Altherrenwunsch, den sich jeder Luxus-Rentner aus dem Ruhrgebiet auf einer Touristenranch erfüllen kann, wenn er ein paar Tausender übrig hat, aber jetzt würde es mir schon genügen, in das Bild hineinzusteigen und neben dem Mädchen und dem Hund herzulaufen, bis mein Herz in Brüche geht. Ich bleibe dann sicher eine halbe Stunde davor stehen und wende meinen Blick nicht von ihm ab. Sein Titel ist „Cedar n’ Roscoe run“, der Fotograf heißt Stephen Hunt, und sein anderer Name lautet Flying Eagle.
Auf dem Weg nach Ellensburg, Washington, 2. November
Außerhalb von Spokane, Washington, die Berge endlich hinter mir und wieder in der offenen Prärie und der Pazifik nicht mehr weit, im Radio: „You shoot me down, but I won’t fall, I am titanium.“ Ich drehe die Lautstärke hoch, um das Lied zu hören, lasse auf beiden Seiten die Fenster herunter, schaue in den Rückspiegel und dann die ganze Länge den schnurgeraden Highway nach vorn und drücke aufs Gas. Die Beschränkung an der Stelle ist 70 Meilen, und als ich 120 oder sogar 125 Meilen erreicht habe, hüpft der kleine Wagen wie ein junges Fohlen, das endlich losgelassen wird.
Sie lauern hinter Brückenpfeilern und in Senken, und ich habe auf der Fahrt mehrfach gesehen, wie sich ein Highway Trooper in Bewegung gesetzt hat, zuerst langsam, wie unabsichtlich, und plötzlich dieses Weihnachtsbaumgeflacker, rot und blau und grün und gelb, und die Sirene. Drei Minuten, vielleicht vier, solange das Lied dauert, kümmere ich mich um keine Bedenken und schieße so dahin. Lächerlich, ja. Und noch lächerlicher, weil ich es womöglich nur tue, um es danach wahrheitsgemäß festhalten zu können. Und am lächerlichsten, weil ich es unter Umständen gar nicht getan habe und erfinde als ewige Halbstarkengeschichte und Reverenz an meine wilde Jugend in den Bergen.
Wenn ich angehalten würde, stelle ich mir vor, würde ich dem Officer entgegensingen: „Fire away! Fire away!“, und er würde sich davon bezwingen lassen, seine schon gezogene Waffe wieder einstecken, sich neben mich stellen und mitsingen, und das wäre der Beginn eines blödsinnigen Musicals, in dem am Ende Dutzende von Wagen am Straßenrand geparkt stehen und die Fahrer Arm in Arm davor aufgereiht sind und ihren Protest zu guter Letzt nicht mehr an einen Menschen richten, weil der sich sofort einreihen und mitmachen würde, sondern an den Himmel, wer auch immer sich dort verschanzt haben mag: „You shoot me down, but I won’t fall, I am titanium.“ Eine der schönsten Versionen des Liedes singt Christina Grimmie. Sie ist am 10. Juni 2016 nach einem Konzert in Orlando, Florida, von einem angeblich geistig verwirrten Täter erschossen worden.
Ellensburg, Washington, 2. November
Sie schämen sich für ihren Präsidenten, die beiden Professorinnen und der Mann der einen, mit denen ich in einer Weinbar in Ellensburg, Washington, ins Gespräch komme und die mich schließlich zu sich nach Hause einladen. Es gibt das bessere Amerika, es gibt das gute Amerika, und es gibt ein Amerika, von dem wir im Guten wie im Schlechten so wenig verstehen. Der abwesende Mann der anderen ist bei der Air Force, dort zuständig für die Beseitigung von nuklearem Abfall, den die Amerikaner in England hinterlassen haben, und die Quiches, die wir essen, hat er am Tag davor selber zubereitet, „liebevoll“ wäre das fehlende Wort, das allein schon in dieser Kombination bei so manchen unserer Beobachter zu Hause die Warnung ERROR! ERROR! ERROR! hervorrufen würde, weil nicht sein kann, was nicht sein darf, eine liberale Professorin und ein nuklearer Air-Force-Mann.
Der Mann der anderen ist
Hausmann und hört nicht auf,
von der Klugheit seiner Frau zu
schwärmen, als könnte er sein Glück nicht fassen, sein Leben an der Seite einer Professorin zubringen
zu dürfen.
Sie, in ihren späten Sechzigern und ein Che-Guevara-Barett auf dem Kopf, das auf hundert Meter gegen den Wind signalisiert, wo sie steht, ist in Spanien und England aufgewachsen und spricht von ihrem Vater, der im Zweiten Weltkrieg in Frankreich gekämpft hat, Träger eines Purple Heart ist und später als Armeegeistlicher für die Überstellung von Gefallenen aus Übersee verantwortlich war. Ich erfahre die merkwürdigsten Dinge von ihr, wie etwa, dass bei Fluglinien, die damals die Leiche eines Soldaten im Frachtraum mitnahmen, der ganz normale Preis für einen Lebenden zu entrichten war, gerade so, als säße sie „quietschfidel“ irgendwo mitten unter den anderen Passagieren.
Die Professorin erzählt, wie ihr Vater auch die Überstellung ihres toten kleinen Bruders von Texas nach Wisconsin organisiert hat und wie sie auf der Fahrt durch fünf Bundesstaaten als zwölfjähriges Mädchen neben dem Sarg gesessen ist, als wäre es nur eine der vielen Ausflugsfahrten, die sie so oft unternommen hatten. Ihre Augen in diesem Augenblick, die Augen einer nicht mehr jungen Frau, die Augen eines Mädchens, das nie älter geworden ist als zwölf.
Der Mann der anderen ist Hausmann und hört nicht auf, von der Klugheit seiner Frau zu schwärmen, als könnte er sein Glück nicht fassen, sein Leben an der Seite einer Professorin zubringen zu dürfen. Er sagt, dass er eigentlich nicht lese, aber dass er jetzt damit begonnen habe, um sie nicht zu verlieren, schließlich habe sie Ansprüche. Er hat sich eine Liste mit den fünfzig wichtigsten Romanen besorgt und will sie sich einen nach dem anderen vornehmen, um ihr weiterhin auf Augenhöhe begegnen zu können, und anfangen wird er vielleicht mit Raymond Carver, der eine Weile in der Nähe gelebt hat.
Wir trinken kalifornischen Wein, und als ich aufbreche, ist es lange nach Mitternacht. Vor dem Hotel sind alle Parkplätze belegt, und ich muss einen Platz in den Straßen dahinter suchen und brauche am nächsten Tag eine halbe Ewigkeit, um mein Auto wiederzufinden. Es steht verwegen auf den Gehsteig geschrammt da, ein Fluchtfahrzeug, dessen Fahrer sich zu Fuß in die Büsche geschlagen haben muss, und ich könnte schwören, dass nicht ich es gewesen bin, der es so abgestellt hat.
Seattle, Washington, 3. November
Auf dem Weg vom Flughafen, wo ich mein Mietauto abgegeben habe, setzt sich in der Bahn Richtung Zentrum eine junge Frau neben mich, holt eine Kladde hervor und beginnt augenblicklich zu notieren: LOCATION NORTH BOUND TRAIN, ca. 2:30 – 3:00. Sie ist höchstens zwanzig, eine Haarlocke fällt ihr immer wieder über die Augen, sie streicht sie zurück und blickt sich mit ihren dicken Brillen um. Schnell ist klar, dass sie minutiös die kleinste Kleinigkeit aufzeichnet, die sie sieht, und die drei Mädchen an der Tür, die sich alle an der Haltestange festhalten und nicht miteinander sprechen, geraten ebenso in ihren Fokus wie der Mann schräg gegenüber, der sein Buch zugeschlagen, die Augen geschlossen hat, oder der andere im Rollstuhl, der zwanghaft in einem fort zentimeterweise vor- und wieder zurückrollt. Ich schiele immer ungenierter zu ihr hinüber und lese, was sie festhält. Sie schaut aus dem Fenster und schreibt: „So many waste shops around here.“ Dann schreibt sie: „Liam, elementary school age, holds a cold beverage.“ Dann: „Train is now entering Columbia City Station.“ Dann: „I could only tell, what Scott and the woman next to him looked like.“ Dann: „Aaron and Joseph, both.“ Dann: „Scott now talks to Lauren. Lauren: O-my-God-remarks“, und ich höre die blondgelockte, mittelalte Frau neben dem unscheinbaren Bart-und-Brillenträger zwei Reihen weiter im selben Augenblick ausrufen: „O my God!“ Offensichtlich hat die Schreibende angefangen, den in unserer Nähe Sitzenden Namen zuzuweisen. Sie hebt den Kopf, und in der spiegelnden Trennscheibe direkt vor uns treffen sich einen Moment unsere Blicke, während ich mein Notizbuch hervorziehe, um selbst mit dem Aufschreiben zu beginnen, und mich nicht darum kümmere, wie sie das aufnimmt. Ich weiß jetzt, wer Liam ist, ich weiß, wer Scott ist, ich weiß, wer Aaron und Joseph sind, zwei sich auf verblüffende Weise ähnlich sehende Studenten mit schütterem Haar und Skateboards unter ihren Armen, und ich weiß, wer Lauren ist, aber ich weiß nicht, wer die junge Frau neben mir ist, die dieses seltsame Protokoll führt. Sie erinnert mich an meinen Lektor in München, nur ist sie noch wacher, noch jünger, noch klüger vielleicht, und mir wird bewusst, dass ich auf den Augenblick warte, in dem sie über mich schreibt: „Old guy next to me, staring at my notes. What the fuck does he think! I have no name for him. He doesn’t fit into my novel“, aber den Gefallen tut sie mir nicht. Sie schlägt ihre rote Flügelmappe zu, auf der in großen Filzstiftbuchstaben MISC. PAPER FOLDER steht, und schaut nicht auf, als ich aussteige, schaut auch nicht auf, als ich auf dem Bahnsteig warte, bis der Zug wieder anfährt, um noch einen Blick auf sie zu erlangen.
Seattle, Washington, 4. November
Im Hotel im Aufzug fragt mich nach dem Frühstück ein Mann, blau-gelbe Schildkappe auf dem Kopf, blau-gelbes Sweatshirt, blau-gelber Schal, ob ich auch zu dem Spiel ginge, ich weiß von keinem Spiel, aber drei Stunden später sitze ich auf meinem Platz, Section 333, Row MM, Seat 20 im Centurylink Field, und es spielen
SEATTLE SEAHAWKS
VS.
LOS ANGELES CHARGERS
ein einziges Cheerleader-Geflirre und Geflatter, Salutschüsse, Flammenwerfer in den grauen Novemberhimmel, bevor es losgeht
12:57 MOMENT OF SILENCE
12:58 NATIONAL ANTHEM
13:05 KICKOFF
eine wilde Balgerei um einen Ball, große Kinder, die sich dann wieder träge wie auf einem anderen Planeten mit einer anderen Schwerkraft bewegen, im Publikum ein Gebrüll mit vorgereckten Fäusten, ein Geschrei, GET LOUD! auf der Anzeigetafel, stets von neuem GET LOUD!, obwohl es schon unerträglich laut ist, GET LOUD!, ein Schlachtruf schrill und unaushaltbar aufgeladen für unsere Ohren
SEEEEEEEA – HAWKS!
SEEEEEEEA – HAWKS!
SEEEEEEEA – HAWKS!
und ich versuche vergeblich die Aufstellung zu notieren, weil das dann ein Gedicht wäre, nach Peter Handkes „Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27.1.1968“, erhasche jedoch nur ein paar Namen
52 ELLERBEE
16 LOCKETT
76 DUANE BROWN
89 BALDWIN
4 DICKSON
3 WILSON
54 WAGNER
28 COLEMAN
18 JARON BROWN
20 PENNY
53 HUNT
93 JACKSON
26 GRIFFIN
24 LUANI
83 MOORE
33 THOMPSON
und halte mich mit meinen Blicken am Shirt einer Frau ein paar Reihen vor mir fest, mit dem unsterblichen
16 JOE MONTANA
dessen große Zeit längst vorbei ist und der auch nie für die Seattle Seahawks gespielt hat, sondern in seinen besten Jahren für die San Francisco 49ers, bei denen es ihm zu Ehren die Nummer 16 seither nicht mehr gibt.