Vom Rezensionswesen erwarten wir, dass es Neuerscheinungen und Neuauflagen zeitnah für die Leserinnen und Leser sortiert. Wir erwarten, dass die wichtigen Bücher (Spitzentitel!!) ausgewählt und ihrem Rang gemäß eingeordnet werden. Wir erwarten Rückgriff auf die Literaturgeschichte, Vergleich mit Zeitgenossen, Darstellung von Realitätsbezug und Aufschlüsselung intertextueller Verweise. Wir erwarten, dass Fairness und Objektivität walten. Alles zu Recht. Allein – diese Haltung zur Lektüre ist hochgradig ungewöhnlich und spielt im Leseleben außerhalb der Feuilletons keine Rolle. Da herrscht die Willkür der Vorlieben und der Aneignung für höchstpersönliche Zwecke. Da liest niemand ein Buch, nur weil es als Spitzentitel im Frühjahrsprogramm von Hanser erscheint, und niemand liest es mit dem Ziel, zu einem kritisch argumentierbaren Urteil zu kommen und den Urheber seinem Rang gemäß abzuspeichern zwischen Handke und Lewitscharoff o. Ä.
Was an Assoziationen, Emotionen und Urteilen bei der Lektüre eines Textes entsteht, nimmt auch keine Rücksicht auf literaturkritische Standards. Das macht diese Eindrücke aber nicht weniger interessant, sie sind nur schwerer öffentlich zu kommunizieren. Wir wollen es mit dem Format „Lektürenotizen“ versuchen. Lektürenotizen sind spontan, persönlich, idiosynkratisch. Sie sagen möglicherweise mehr über den Kopf des Lesers/der Leserin als über das Gelesene – was kein Schaden ist, wenn es sich um einen interessanten Kopf handelt. Das Format steht allen Autorinnen und Autoren offen. (red)
„Viel Gestus und ziemlich papieren“
Lektürenotizen von Arno Geiger zu Büchern von Peter Handke, Joan Didion, Elfriede Jelinek, Erich Maria Remarque, Karl Kraus u.a.
„Das erste identitäre Theater Deutschlands“
Lektürenotizen von Thomas Lang zu Büchern von Bret Easton Ellis, Juan Guse, André Gide u.a.
„The Slave who loved her Master“
Lektürenotizen von Ulrike Draesner zu Büchern von Irmgard Keun, A.L. Kennedy, Terrance Hayes, Ocean Vuong, Natalia Ginzburg u.a.
Die Zerbrechlichkeit in uns allen
Lektürenotizen von Nora Bossong zu Büchern von Vladimir Nabokov, Annie Ernaux, Fjodor Dostojewski, Sylvia Plath, Toni Morrison u.a.
Die Hölle als Schoß der Welt
Lektürenotizen von Almut Tina Schmidt zu Stanislaw Lem, Wolfgang Hildesheimer, Alejandro Zambra, Leonora Carrington, Nathalie Sarraute, Flann O’Brien, Heimito von Doderer, Walter Serner, Franziska zu Reventlow, Eugen Egner, Inger-Maria Mahlke, Inger Christensen.
„Schlammbad des schlechten Geschmacks“
Lektürenotizen von Klaus Modick zu Büchern von Walter Benjamin, Astrid Lindgren, Ernst Jünger, Elizabeth von Arnim, Lion Feuchtwanger u.a.
Die dröhnendsten Jahre des Lebens
Lektürenotizen von Peter Truschner zu Büchern von Robert Musil, Virginia Woolf, Michel Houellebecq, Virginie Despentes, Rainald Goetz u.a.
Aus dem Wolkenbau
Lektürenotizen von Chistoph W. Bauer zu Jorge Luis Borges, Rafael Alberti, Gert Jonke, Guido Cavalcanti, Barbara Köhler, Raphael Urweider, Durs Grünbein, Gaius Valerius Catullus, Georg Trakl und Sor Juana Inés de la Cruz.