Sehr geehrter Herr Bundesminister Werner Kogler!
Sehr geehrte Frau Staatsekretärin Ulrike Lunacek!
Als Vertreterinnen und Vertreter von 10 österreichischen Häusern der Literatur möchten wir auf die aktuelle katastrophale Situation des literarischen Lebens und seiner AkteurInnen hinweisen. AutorInnen und ihre Werke brauchen die Öffentlichkeit, und umgekehrt braucht ein funktionierendes öffentliches Leben die literarische Auseinandersetzung.
Wir als österreichische Häuser der Literatur stehen an der Schnittstelle zwischen AutorInnen, Verlagen und den LeserInnen.
* Wir leisten in unseren professionell geleiteten Strukturen einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren des literarischen Betriebes (Buchpräsentationen, Vermittlung, Einordnung usw.).
* Wir sind ein zentraler wirtschaftlicher Faktor in der Branche, für AutorInnen (Honorare als wichtiger Teil des Einkommens), Verlage (Buchverkauf bei Lesungen) aber auch für VermittlerInnen, WissenschaftlerInnen und ÜbersetzerInnen (über Projekte und / oder Stipendien). Und gerade in der aktuellen Situation haben wir stets versucht, die Einkommensausfälle von AutorInnen abzufedern durch alternative Veranstaltungsformate bzw. durch Ausfallshonorare. Nicht zu vergessen sind die vielen MitarbeiterInnen in den einzelnen Häusern, die zur Zeit einer großen Verunsicherung ausgesetzt sind.
* Die in unseren Häusern organisierten Begegnungen sind ein unersetzbarer Anstoß für künstlerisch-literarischen Austausch und für Diskussion, für kreative Weiterentwicklung des literarischen Feldes.
Veranstaltungen der zehn unterzeichnenden Häuser der Literatur wurden im vergangenen Jahr 2019 bei ca. 1.400 Terminen mit ca. 3.000 Mitwirkenden (AutorInnen, VermittlerInnen, Vortragenden usw.) von rund 70.000 BesucherInnen besucht. Dazu kommen eine Reihe von einmaligen oder periodisch stattfindenden Literaturfestivals mit ebenfalls großem BesucherInnen-Zuspruch, zahllose Aktivitäten in Schulen oder anderen Institutionen, sowie Auftritte im Internet und den sozialen Medien, durch die wir unseren RezipientInnenkreis vervielfachen.
Unser Publikum bewegt sich quer durch alle Altersschichten, wir bieten sowohl Programm für Kinder und Jugendliche, als auch für die breite Masse an „erfahrenen“ LeserInnen.
Das ist ein beachtliches Segment des kulturellen Lebens, auch in ökonomischer Hinsicht. Zwar bieten auch wir in diesen Wochen ein vom Publikum sehr gut angenommenes Notprogramm über digitale Kanäle, das kann aber nie ein „reales“ Veranstaltungsprogramm ersetzen: Literatur braucht Begegnung, Literatur braucht ein unmittelbares Gegenüber! Bei aller Gesundheitsgefahr, die nach wie vor besteht, benötigen wir Planungssicherheit und zwar JETZT: Wir planen JETZT unser Herbstprogramm, wir müssen JETZT wissen, wann und unter welchen Bedingungen wir unser wichtiges und notwendiges Angebot, die Begegnungen und Veranstaltungen unserem Publikum wieder anbieten können.
Es bereitet uns große Sorgen, dass in den kulturpolitischen Diskussionen der letzten Wochen die Literaturveranstaltungen nicht berücksichtigt wurden. Aus diesem Grund möchten wir betonen:
* Literatur ist ein geistiges Grundnahrungsmittel.
* Literatur ist notwendig für die Auseinandersetzung mit Gesellschaft und Welt und dem eigenen Leben.
* Literatur ist unersetzbar für die Entfaltung von Kreativität und kritischen Diskursen.
* Gerade das Selbstverständnis der „Kulturnation Österreich“ basiert zu einem guten Teil auf dem internationalen Erfolg seiner AutorInnen und damit auch auf der kontinuierlichen Arbeit der Institutionen, die das literarische Leben ermöglichen und gestalten.
Wir sind gerne bereit, Ihnen bei der Erarbeitung von Lösungen unsere Expertise zur Verfügung zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Die zehn Häuser der Literatur / Netzwerk „MitSprache“:
Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich/StifterHaus – Linz
Alte Schmiede/ Literarisches Quartier – Wien
Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek – Bregenz
Literaturhaus am Inn – Innsbruck
Literaturhaus Graz
Literaturhaus Mattersburg
Literaturhaus Salzburg
Literaturhaus Wien
Österreichische Gesellschaft für Literatur – Wien
Robert-Musil-Institut/Musilhaus – Klagenfurt
11. Mai 2020