In einer Szene von Bernward Vespers Reise ist mir Vespers fürchterlicher Vater, der Nazidichter Will Vesper, auf beunruhigende Weise nahegekommen. Vesper beschreibt, wie sein Vater, als er nach einem Schlaganfall im Sterben lag, immer wieder aus dem Bett zu steigen versuchte und „mit entgeisterten Augen aufs Arbeitszimmer“ zustrebte, „weil das vermutlich wirklich sein stärkster Impuls war.“
Ich erkenne etwas wieder in diesem Impuls, diesem unwiderstehlichen Drang zum Schreiben, noch in der Isolation des Sterbens; etwas, das ich für ein wesentliches Merkmal des Schriftstellerseins halten könnte; zugleich weiß ich, dass alles, was Will Vesper geschrieben hat, all diese Gedichte und Romane unlesbar und widerwärtig und mit Recht vergessen sind. Aber ich kann das Wissen nicht abwehren, dass es auch in den entferntesten Feldern dessen, was man Literatur nennt, etwas gibt, das ich kenne, das meins ist; ich kann die Ahnung nicht abwehren, dass es mir und einem jeden von uns ebenso ergehen kann mit der Notwendigkeit, die wir beim Schreiben sehen; dass wir niemals wissen, in welcher Selbsttäuschung wir feststecken.
Doch ich will nicht Vesper lesen, sondern jemanden, bei dem das Urteil nicht so leichtfällt; einen Zeitgenossen Will Vespers, der nicht nur ohne Zweifel besser schrieb als dieser, sondern auch versucht hat, mit einem gewissen Anstand durch die finstersten Zeiten zu kommen, der sogar die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus und das Anschreiben dagegen als „elementare Notwendigkeit meiner Natur“ bezeichnet hat.
Gewissheiten anderer Zeiten
Werner Bergengruen ist nicht wirklich vergessen, er hat immer noch wesentlich mehr Leser als, sagen wir, ich selbst; einige seiner Bücher werden von Zeit zu Zeit in renommierten Verlagen neu aufgelegt. Wenn aber die Frage nach den wichtigsten deutschen Schriftstellern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gestellt würde, so käme kaum jemand auf die Idee, Bergengruen zu erwähnen. Vor sechzig Jahren war das anders. Eine Literaturwissenschaftlerin hat Bergengruen, nicht ohne Hohn, als den Goethe der Fünfziger Jahre bezeichnet. Bergengruens Leser, könnte man sagen,
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