Texte werden nicht nur, aber auch aus Texten gemacht. Was einer gelesen hat, beeinflusst, wie er schreibt, möglicherweise sogar, wie er lebt: Lesen, Schreiben, Leben sind Formen von Textverarbeitung. VOLLTEXT hat deutschsprachige Autorinnen und Autoren um Listen jener Bücher gebeten, die ihr Leben und Schreiben geprägt haben.
Jede Liste kommt einem rasch hingeworfenen, skizzenhaften Selbstporträt als Leser beziehungsweise Leserin gleich. In der Zusammenschau, am Ende der Serie, machen die gesammelten Leselisten das intertextuelle Hintergrundrauschen unserer Gegenwartsliteratur erahnbar. Eine Liste aller bisher erschienenen Beiträge findet sich auf volltext.net.
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Walter Moers: Ensel und Krete
Als Kind hab ich alle Zamonien-Romane von Walter Moers verschlungen. Fantasy-Geschichten die auf einem Kontinent spielen, der lange vor unserer Zeit aufgehört hat zu existieren. Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär, Rumo und vor allem Ensel und Krete, das vermutlich seltsamste Moers-Buch, in dem er nicht nur die „Hänsel und Gretel“-Geschichte persifliert, sondern auch viel mit Erzählebenen spielt, wie ich es vorher noch nie gesehen hab. Der angebliche Original-Autor der Geschichte, Hildegunst von Mythenmetz (Walter Moers fungiert nur als dessen Übersetzer aus dem Zamonischen), schaltet sich immer wieder mit seinen mythenmetzschen Abschweifungen in die Erzählung ein, unterbricht die Handlung am laufenden Band, um sich über Literaturkritiker aufzuregen oder seinen Arbeitsalltag zu beschreiben, bis er schließlich sogar das Ende noch einmal umschreibt, weil es ihm zu brutal ist.
Terry Pratchett: Der Zeitdieb
Terry Pratchett ist fast so eine Art Gegenstück zu Walter Moers. Statt Zamonien hat er als Setting die Scheibenwelt, auf der die meisten seiner Romane spielen. Der Zeitdieb steht hier deshalb nur stellvertretend für alle möglichen Bücher. Pratchett hat einen einzigartigen Stil, der immer mit Wissenschaft, Humanismus und Menschenfreundlichkeit verbunden ist, er geht so liebevoll mit seinen Figuren um, dass sogar der Tod ein gern gesehener Gast in seinen Geschichten wird, und abgesehen davon sind die Bücher einfach auch sehr lustig. Eine Sache, die ich mir außerdem von ihm abgeschaut hab, sind die kommentierenden Fußnoten.
Mark Z. Danielewski: House of Leaves
Mit House of Leaves habe ich quasi als Leser den Höhepunkt der Metafiktion erreicht. Danielewski wirft einen in diesem Mammutwerk in eine Unmenge von verschiedenen Erzählebenen, Fußnoten, Quellenverweisen, unzuverlässigen Erzählern, unmöglichen Topologien und auch ziemlichem Horror. Als 16-jähriger war das für mich das Beste, was überhaupt jemals jemand geschrieben hat. Inzwischen wäre mir das wahrscheinlich ein bisschen zu anstrengend, aber es ist schon beeindruckend, in was für einen Wahnsinn man in diesem Buch eintauchen kann. Zumal man paranoid wird, weil man überall in seiner Umgebung das Wort „Haus“ nur noch in blau lesen kann. If you know you know.
Jorge Luis Borges: Fiktionen
Borges wurde
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