Auf die Frage nach einer möglichen Zukunft der Literatur

Von Teresa Präauer

Online seit: 29. August 2020

Die Quelle der Angst liegt in der Zukunft, und wer von der Zukunft befreit ist, hat nichts zu befürchten.

Ich bin mit meiner finnischen Kollegin Satu Taskinen in Wien im Wirtshaus gesessen und wir haben über die Zukunft der Literatur gesprochen. Ich habe gesagt, ich fahre zu diesem Autorentreffen und wir werden über die Zukunft der Literatur sprechen. Und ich kann dazu nichts sagen, weil ich davon ausgehe, dass es die Literatur immer gegeben hat und also immer geben wird. Ich habe, während ich das so gesagt habe, einen Kausalzusammenhang hergestellt aus: immer-gegeben-hat und immer-geben-wird.

Und gleichzeitig habe ich gesagt, dass die Literatur nichts ist, was ich mit einer Tempusform in Verbindung bringen will – vielleicht ist sie für mich mehr räumlich als zeitlich. Und später, zu Hause, habe ich mir dann etwas über die Zukunft in der Grammatik durchgelesen und bin dabei auf die Tatsache gestoßen, dass just das Finnische keine Futurform im Verb bildet.

Satu hat mir erzählt, dass sie mit ihrer Freundin Leena Parkkinen in Finnland bei einem Fonds einen Antrag auf Förderung einreicht, dessen Arbeitstitel in etwa lautet: Nordische Autoren für die Zukunft der Literatur. Untertitel: Kann man durch Schreiben die Welt retten? Als Satu diesen Titel ihrer Einreichung ausgesprochen gehabt hat, haben wir beide gelacht, aber wir sind dabei nicht unernst gewesen.

Wir haben dann, bei Bier und Rum, uns zugerufen, dass die nordische Literatur die sogenannte Speerspitze der Literatur sein wird und dass wir beide, so ich meine Finnischkenntnisse weiter vertiefe, die Speerspitze der Weltliteratur sind, und so, doppelscharf, haben wir gleich einmal jemanden vertrieben, der uns während unseres Sprechens im Wirtshaus Café Anzengruber unterbrochen hat.

Wir haben dann, aus dieser angespitzten Laune heraus, beschlossen, dass ich meinen Text zur möglichen Zukunft der Literatur bei diesem Autorentreffen mit einem Zitat einleite, daraufhin eine Pause mache, in die Runde blicke und dann sage: Das Zitat ist von Milan Kundera. Dann wieder Stille.

Ich habe keine Lust, etwas zu befürchten, denn die Literatur ist, wie das Finnische, befreit von der Zukunft.

Die Idee meiner kurzen Rede mit vorangestelltem Kundera-Zitat hat mich motiviert. Und wie der Zufall einer kaum aufwändigen Suche im Fundus des Internet es will, ist es eigentlich ein sehr passables Zitat, das ich da gefunden habe, auch wenn es nicht aus der Unerträglichen Leichtigkeit des Seins stammt, was meinen Thrill beim Vorlesen der Quellenangabe noch erhöht hätte.

„Die Quelle der Angst liegt in der Zukunft, und wer von der Zukunft befreit ist, hat nichts zu befürchten.“

Ja, was gäbe es denn zu befürchten, sofern die Literatur eine Zukunft besitzt?

Dass der deutschsprachige Buchmarkt in seiner jetzigen,