MICHAEL BRAUN „Expressionist Artillerist“: So heißt das erste Gedicht, das der heute vergessene Dichter Franz Richard Behrens (1895–1977) im Jahr 1915 in der expressionistischen Zeitschrift Der Sturm publiziert hat. Und bereits der Titel dieses ersten Gedichts deutet an, dass es sich um einen Dichter handelt, der Gegensätze auf engstem Raum zusammenbringt. „Expressionist“ wird verklammert mit „Artillerist“ – der Dichter des Expressionismus mit einer todbringenden Waffe. Du hast 2012 verschollene „Feldtagebuchgedichte“ von Franz Richard Behrens aufgespürt und unter dem Titel Todlob veröffentlicht. Wie bist du auf diesen Dichter aufmerksam geworden?
MICHAEL LENTZ Im Bereich der „Wortkunst“ sind Autoren für mich ästhetisch auffällig gewesen, die zu ihren Lebzeiten kaum rezipiert wurden. Von Franz Richard Behrens gab es einen einzigen Gedichtband, Blutblüte, ansonsten war er quasi schon zu Lebzeiten vergessen. Hätte es Herwarth Walden nicht gegeben mit seiner Zeitschrift Der Sturm, wäre wahrscheinlich überhaupt nichts von ihm publiziert worden. Franz Richard Behrens ist besonders ergiebig in einer Auseinandersetzung mit radikalisierter, expressionistischer Wortkunst Und durch den Versuch, existenzielle Grenzen, die er im Feld erlebt hat, wie er es auch im Feldtagebuch beschrieben hat, zu synästhetisieren mit ganz bestimmten ästhetischen radikalen Vorstellungen. Das heißt: Es ist kein L’art pour L’art. Sondern gerade die Herausforderung existenzieller Grenzsituationen hat ihn zu Überlegungen geführt, ästhetisch darauf adäquat und nicht in der Wiederholung eines Kanons zu reagieren.
Da werden Mündungsfeuer, Sonnenstrahlen, Scheinwerfer, Schlangenzungen, der Drache der Apokalypse, und der Tod bis zur Äquivalenz enggeführt.
BRAUN Franz Richard Behrens war eine Randfigur der expressionistischen „Wortkunst“-Bewegung, hat aber seine Kollegen an lyrischer Radikalität überboten. Auf welche Weise?
LENTZ Bei August Stramm habe ich manchmal den Eindruck, dass er eine Methode gefunden oder erfunden hat, die später dann theoretisch nachvollzogen worden ist von Herwarth Walden oder von Lothar Schreyer, auch von Franz Werfel interessanterweise. Und diese Methode ging bei August Stramm relativ rasch in Serie. Mit relativ nachvollziehbaren analytischen Methodiken hat er seine Gedichte geschrieben. Interessanterweise lässt die Radikalität dieser Macharten gerade in den Kriegszeiten nach. Das heißt: Zwischen 1914 und 1915 bis zu seinem Tod sind die Gedichte, die August Stramm geschrieben hat, auffallend braver, im negativen Sinne wortkarger – und nicht im entscheidenden ästhetischen Sinne einer Selbstzurücknahme, einer Reduktion der Mittel. Er hat dann scheinbar in seiner Prosa und in den Briefen an seine Frau den ästhetischen Furor gewissermaßen abgedrängt.
Der umgekehrte Weg ist bei Franz Richard Behrens zu sehen, dem ja Herwarth Walden am Anfang konzedierte, dass er zu stark in der Nähe von August Stramm mit seinen Gedichten siedelt. Nachher hat er ihn dann doch gedruckt.
Bei Franz Richard Behrens also ist die Bewegung genau umgekehrt, mit zunehmenden Gefahrensituationen, zunehmenden Ausweglosigkeiten, Erfahrungen im Graben, die er in den „Feldtagebuchgedichten“ in Galizien
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