„Manche haben Angst vor mir und meinen Büchern“

Katrin Hillgruber im Gespräch mit Ludwig Fels über seinen neuen Roman Mondbeben, afrikanische Sehnsüchte und die Macht der leisen Wirklichkeit.

Online seit: 17. Juli 2020
Ludwig Fels © Aleksandra Pawloff
Ludwig Fels: „Ich habe immer noch einen Glauben an eine höhere Macht, die man so allgemein Gott nennt.“ Foto: Aleksandra Pawloff

Die eigenartige Schönheit und Feierlichkeit von Ludwig Fels’ Prosa und Lyrik schließe jede Beliebigkeit aus, befand 2004 die Jury des Wolfgang-Koeppen-Preises. 1946 im fränkischen Treuchtlingen geboren, kam der ehemalige Packer, Maler und Hilfsarbeiter 1973 über den Werkkreis Literatur der Arbeitswelt zum Schreiben und veröffentlichte seinen ersten Gedichtband Anläufe. Seit 1983 lebt Ludwig Fels als freier Schriftsteller in Wien. Mit Mondbeben hat er nun einen ebenso poetischen wie packenden Roman über ein emotional versehrtes Paar vorgelegt, das in der Fremde das Glück sucht und dabei die bösen bis verheerenden Vorzeichen nicht sehen will.

KATRIN HILLGRUBER Ihr wohl berühmtester Roman Ein Unding der Liebe von 1981 über den jungen Georg Bleistein, der seinen ungestillten Liebeshunger durch maßloses Essen und später durch Hass kompensiert, endet mit dem düster sehnsuchtsvollen Satz „Die Erde war der fernste Stern“. Mondbeben wirkt wie ein spätes Echo darauf. Wie kamen Sie auf diesen Titel?

LUDWIG FELS Der kam eigentlich ganz zuletzt. Ich kann es wirklich nicht anders benennen: Ich habe auf den Bus gewartet, und plötzlich fiel mir der Titel Mondbeben ein. Und ich dachte, der trifft es, ein wenig fremd, ein bisschen diffus. Dann habe ich herumgefragt – meine Frau, im Freundeskreis –, und habe das Okay bekommen. Und so ist Mondbeben der Titel geworden.

HILLGRUBER Ihre Protagonisten Helen und Olav Ostrander sind wild entschlossen, ihren Lebensabend auf der tropischen „Insel der Inseln“ namens Zifere zu verbringen, wo sie via Internet ein Haus gekauft haben. Hat „Zifere“ eine Bedeutung?

Unheil, Terror, Schmerz, das hat sich eigentlich zwangsläufig so ergeben.

FELS Das ist ein rein erfundener Ort. Ich habe ein Faible für schöne Namen. Und Zifere hat mich irgendwie angesprochen. Eigentlich ist es ein nigerianischer Männername. Er hat mir sehr gefallen und ich dachte, Zifere Island, das klingt so, wie ich mir die Insel vorstelle.

HILLGRUBER Ist der Schauplatz aus verschiedenen Weltgegenden konstruiert, die Sie bereist haben?

FELS Ja, ich habe etwas Afrikanisches, was Karibisches, Jamaikanisches, genommen und meine eigenen Erinnerungen und Reiseerfahrungen mit hineinspielen lassen. Diese Insel könnte es überall auf der Welt geben oder nirgendwo. Es ist reine Fiktion.

HILLGRUBER Im Anhang danken Sie einer Maklerin aus Panama City für Informationen.

FELS Ich hatte Schwierigkeiten, mich über Geldtransfers schlauzumachen und war verzweifelt: Wie soll ich das in Erfahrung bringen? Überhaupt, wenn das nicht legal sein soll, sondern illegal. Die Schwester eines englischen Freundes lebt in Panama City als Maklerin und Reiseführerin. Und sie war dann so nett und entgegenkommend und hat mir die legalen und illegalen Möglichkeiten des Geldtransfers