„Alle klagen über schlechte Literatur, aber niemand bemüht sich um konstruktive Kritik und nachvollziehbare Bewertungskriterien. Jedenfalls niemand außer uns.“ So begann der Beitrag im Blog „Riesenmaschine“, mit dem bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2008 der „Automatische Literaturkritik-Preis der Riesenmaschine“ angekündigt wurde. Der Preis ist seitdem sechsmal verliehen worden: an Tilman Rammstedt, Karl-Gustav Ruch, Dorothee Elmiger, Linus Reichlin, Matthias Nawrat und Roman Ehrlich. Die Preisträger wurden mit Hilfe einer Liste von Plus- und Minuspunkten ermittelt, auf der die Helfer und Helferinnen des Kritikautomaten nur anzukreuzen brauchen, ob im Text Nagetiere vorkommen (Pluspunkt) oder das Autorenporträt Großaufnahmen gehender Füße enthält (Minuspunkt). (1)
Die Vorgeschichte des Preises beginnt um das Jahr 2000 herum. Ich besuchte damals jeden Montag mit Wolfgang Herrndorf, Holm Friebe und anderen leidensfähigen Berlinern die Sneakpreview im Filmtheater Friedrichshain. Nach jedem Film mussten auf Wolfgangs Aufforderung hin alle gleichzeitig mit null bis zehn ausgestreckten Fingern ihre Meinung zum Film kundtun. Die Begründungen und die Frage, ob die offensichtlich haltlosen Meinungen der anderen überhaupt begründbar seien, beschäftigten uns dann einige Biere lang. Über die Jahre entwickelten sich daraus Kriterien, mit deren Hilfe man bei Bedarf die Herauf- oder Herabstufung des jeweiligen Films erklären konnte, und im 2005 gegründeten Blog „Riesenmaschine“ wurde daraus die Institution der „Automatischen Kulturkritik“. Sie ist heute der letzte sichtbare Überrest der wieder vom Dschungel überwucherten Riesenmaschine.
2007 betrieb die Riesenmaschine anlässlich der Tage der deutschsprachigen Literatur ein Aktienspiel im Netz. Jeder Teilnehmer erhielt 5.000 Dollar Spielgeld, die man in Aktien der eingeladenen Autoren zum Startwert von je 5.55 Dollar investieren konnte. Kurz vor der Preisverleihung schloss die Börse, und nach der Juryentscheidung wurde die Preisträgeraktie mit fiktiven 100 Dollar ausgezahlt. Zu gewinnen gab es diverse Buchpakete sowie für Teilnehmerinnen zusätzlich die Möglichkeit, eine Nacht mit Jochen Schmidt zu gewinnen (Bildeinsendung erforderlich, ein Rechtsanspruch bestand nicht).
Twitter und Facebook nutzte noch niemand, darum wurden die Aktiengeschäfte vor allem im Höfliche-Paparazzi-Forum kommentiert. Menschen, die bis dahin kaum wussten, was ein Leerverkauf ist,
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