„Die Dichter alle dichten“

Schiefe Bilder, gnadenloser Reimzwang, humanistisches Pathos und unbedingter Glaube an die eigene poetische Sendung – Friederike Kempner galt schon Sigmund Freud als Paradebeispiel für die „unfreiwillige Komik der Rede“. Der Auftakt zur Serie „Zu Recht vergessen – Die besten schlechten Dichter aller Zeiten“. Von Karin Wozonig.

Online seit: 15. Mai 2019
Kempner möchte, dass ihre poetische Welt als Wirklichkeit gilt, objektiv zur Anschauung gebracht, wie sie sagt.

Enthülle nie auf unedle Art die Schwächen deiner Nebenmenschen, um dich zu erheben, ziehe nicht ihre Fehler und Verirrungen an das Tageslicht, um auf ihre Kosten zu schimmern.“ Diesen bedenkenswerten Rat des Freiherrn von Knigge zu befolgen, macht uns Friederike Kempner (1828–1904), auch genannt der schlesische Schwan, nicht gerade leicht. Ihre Gedichte sind auf eine so lächerliche Art missglückt, dass sie schenkelklopfende Heiterkeit hervorrufen können. Nicht bei allen kommt die Kempner-Lyrik gleich an, aber es gibt Menschen, die können Tränen lachen bei Versen wie