Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, mein Vater war erst Melker, später dann Bergmann, meine Mutter Kellnerin. Und ich bin Schriftsteller. Arbeit gehört zu meinem Leben, sie gibt ihm Ordnung, Form und, ja, auch Schönheit.“ Dieses autobiografische, darüber hinaus auch poetologische Statement gab Ralf Rothmann unlängst in einem Interview zu seinem 70. Geburtstag gegenüber dem Wochenmagazin STERN ab. Nichts Neues. Denn was hier über Herkunft und Arbeit und Leben gesagt wird, hat Rothmann in zahlreichen dokufiktionalen Erzählwerken ebenso detailliert wie kunstvoll bereits mehrfach nachgezeichnet. Wegen seines konsequent vordergründigen Wirklichkeitsbezugs wurde er schon früh als sozialkritischer Realist rubriziert, viel zu wenig jedoch wahrgenommen als exzellenter Sprach- und Stilkünstler, der bei zumeist düsterer Thematik – Alltagshorror, Verelendung, Missbrauch, Sucht, Gewalt – manches an „Schönheit“ zu bieten hat.
„Schönheit“? Welcher zeitgenössische Autor würde noch auf dieses obsolete Kriterium abheben?
„Schönheit“? Welcher zeitgenössische Autor würde noch auf dieses obsolete Kriterium abheben? „Schönheit“ praktizieren oder gar fordern wollen? Rothmann wagt und tut es auf eigene, ziemlich altväterische Weise, indem er das Natur- wie das Kunstschöne umstandslos mit dem Guten und Wahren zusammenführt. Wie er dies bewerkstelligt und im Einzelnen begründet, ist explizit den Aufzeichnungen zu entnehmen, die er jüngst unter dem Titel Theorie des Regens vorgelegt hat. Dass darin romantische, kitschverdächtige Begriffe und Vorstellungen wie Herz, Seele, Liebe, Glück und eben auch Schönheit mit ernster Selbstverständlichkeit – also ohne Anführungsstriche – oftmals wiederkehren, ist einigermaßen verwunderlich bei einem Autor wie Rothmann, der sich als erbarmungsloser Faktograf menschlicher Geworfenheit und Niedertracht einen Namen gemacht hat.
Darin gleicht er Anton Tschechow, der als nüchterner Visionär und sanftmütiger Atheist zu seinen Vorbildern gehört, ein wenig auch dem tiefgläubigen Fjodor Dostojewskij, für den zweifelsfrei feststand, dass Jesus als Inkarnation des Schönen zu gelten habe und dass „Schönheit die Welt retten“ werde. Rothmann selbst macht aus seiner Religiosität keinen Hehl, Religion ist für ihn – außerhalb kirchlicher Institutionen – der „Gipfel der Freiheit“, die er am ehesten bei mystischen Denkern und Dichtern verwirklicht sieht, ein wenig auch bei Werner Heisenberg, dem religiös affizierten Quantenphysiker, den er als seinen bevorzugten „Heiligen“
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