Nein, vielen Dank!

Von Benjamin Stein

Online seit: 29. August 2020

Wenn sich Autoren treffen, um darüber zu diskutieren, wie sie sich ihr Schreiben in der nahen Zukunft vorstellen, möchte man annehmen, es ginge um Formfragen, um Genrewahl, Sprache – kurz: um das Wie? Denke ich dieser Tage übers Schreiben nach, dringe ich bis zum Wie gar nicht vor, denn ich komme an der Sinnfrage nicht vorbei: Schreiben im Jahr 2020? Ja, wozu denn?

Es ist, wie es sich anhört: Ich bin verdrossen. Und wenn es um mich und ums Schreiben geht, bedeutet das schon was. Seit ich zehn war, wollte ich Schriftsteller sein und natürlich rund um die Uhr und ganz und gar und ohne Kompromisse. Ich muss mir meinen Verdruss also ein wenig genauer ansehen. Warum kommt mir die Vorstellung, einen weiteren Roman zu schreiben, so unnütz vor, so wenig „lohnend“?

In der Art, wie ich die Frage stelle, steckt schon viel von der Antwort. Was bedeutet im Zusammenhang mit Literatur „lohnend“? Und warum rede ich geradezu automatisch von einem weiteren Roman?

„Lohnend“, das hatte für mich im Hinblick auf Literatur nie etwas mit kommerziellem Erfolg zu tun. Wenn ich mir etwas von meiner künstlerischen Arbeit gewünscht habe, dann dies: dass sie für einige Menschen wirklich etwas bedeutet. Es gibt Bücher, die mich verändert, die mir die Augen geöffnet haben. Solche Bücher wollte ich schreiben. Pathetisch, aber weniger wollte ich nie. Ich dachte tatsächlich, genau dafür sei Literatur da.

Denke ich dieser Tage übers Schreiben nach, dringe ich bis zum Wie gar nicht vor, denn ich komme an der Sinnfrage nicht vorbei: Schreiben im Jahr 2020? Ja, wozu denn?

Schaue ich mich heute um, scheint die Literatur vor allem für den Betrieb da zu sein. Dabei handelt es sich um ein Kommerzding aus der Unterhaltungsbranche. Aus den meisten von Unternehmerpersönlichkeiten geführten Verlagen sind als Profit Center innerhalb von Konzerngebilden geführte „Marken“ geworden. Verkaufszahlen, Long- und Shortlisten und sonstwas für Rankings sollen uns bekümmern, denn nur vom Verkauf leben schließlich jene, die uns die Gnade erweisen, unsere Bücher zu drucken oder zu besprechen. So groß ist die Flut der Novitäten,