„Die Welt ist eine Dichtung meiner Sinne.“ So steht es auf der Gedenktafel des Hauses in Tampere, in dem Eeva-Liisa Manner fast vierzig Jahre ihres Lebens wohnte. Tampere ist eine ehemalige Industriestadt. Rote Ziegel, Schornsteine, alte Fabrikhallen, aus denen Theater und Museen geworden sind, bestimmen das Bild. Im Norden und Süden erstrecken sich zwei große Seen mit dicht bewaldeten Ufern. Es ist ein mehrstöckiges unscheinbares Wohnhaus mit einer blassen Fassade, das sich diese Dichterin für ihr zurückgezogenes Leben ausgesucht hatte. Die Wohnung im Erdgeschoss der Ojakatu 1 ist eher klein und dunkel, die Straße still. Die Zeile auf der Gedenktafel stammt aus einem ihrer Gedichte, in dem es weiter heißt: „Die Welt ist eine Dichtung meiner Sinne / und erlischt, wenn ich sterbe.“
Diese wenigen Worte umreißen den Horizont eines radikal subjektiven Schreibens. Der ordnende menschliche Verstand ist bei Eeva-Liisa Manner ein dürftiges Instrument zum Erkenntnisgewinn. Und dem Wissen um die eigene Sterblichkeit entspringt die Sehnsucht nach einem schwerelosen, bürdefreien Zustand.
Als ich zum ersten Mal an Eeva-Liisa Manners Haus in Tampere vorbeiging, kannte ich weder das Gedicht noch die Dichterin. Ich kannte nur ihren Namen, weil ihn Freundinnen in Helsinki erwähnt hatten. Eine der einflussreichsten Modernist*innen im Nachkriegsfinnland sei Eeva-Liisa Manner gewesen. Eine der berühmtesten finnischen Autor*innen des 20. Jahrhunderts. Eine der produktivsten und ästhetisch vielfältigsten, deren Leben untergründig von einer existenziellen Heimatlosigkeit bestimmt wurde, die sich in ihrer Dichtung niederschlug. Und eine offenbar so eigensinnig Lebende und Liebende, dass selbst in Finnland erst im letzten Jahr überhaupt eine Biografie über sie erschien. Auch deshalb hatte ich wohl noch nie von ihr gehört, geschweige denn eine Zeile von ihr gelesen. Höchste Zeit, sie mir näher anzuschauen!
Hätte Manner auf Französisch geschrieben, hätte sie eine ähnliche Wirkmächtigkeit haben können wie Duras.
Es gibt ein ikonografisches Foto. Auf diesem Bild von 1972 ist Manner in einer praktischen, hellen Bluse zu sehen, wie sie an einer Pfeife mit einer langen Pfeifenspitze zieht. Ihre Haare sind kurz und gescheitelt, die dunklen, wie glühenden Augen auf etwas außerhalb des Bildes Liegendes gerichtet, dem ihr
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