„Schirmherr makelloser Schlangenschönheit“

Texte und Materialien aus den sieben Körben – Alexander Kluge im Gespräch mit Niklas Luhmann

Online seit: 2. Juni 2018
Niklas Luhmann im Gespräch mit Alexander Kluge
Niklas Luhmann im Gespräch mit Alexander Kluge

Im Dezember 2017 wäre Niklas Luhmann 90 Jahre alt geworden. Keine Wissenschaft kann widerlegen, daß ein Geist in den Nächten mit uns redet. Nichts an diesem Geist ist dürr, bloß diszipliniert oder sparsam. Wie zu Lebzeiten bewegt sich in seinem Gesicht kein Muskel, wenn er spricht. Aber beide Augen funkeln. Ich glaube, es gibt einen winzigen Unterschied zwischen dem Funken im rechten und im linken Auge. Nicht farblich, unmerklich.

Eines Tages besuchte er mich in München. Er hatte sich angesagt für ein Fernsehgespräch. Ich empfing ihn im damaligen Vereinslokal der Filmemacher – das war das Savoy in der Münchner Tengstraße. Niklas Luhmann war auf Durchreise zu einem Ziel auf dem Balkan.

Ankunft am Drehort pünktlich um 17:00 Uhr. An der Kamera Herr Lüring. Ton: Michael Kurz. Das Gespräch dauerte bis zum Abendessen (Kassettenwechsel während des Redens). Die beiden Chefs des Savoy kamen an den Tisch und bedienten. Die beiden Kulinariker hatten sich kundig gemacht, wer Niklas Luhmann war.

Das Gespräch, von Dr. Thomas Combrink behutsam redigiert, wird hier erstmals vollständig publiziert. Ich füge einige Geschichten hinzu. Sie zeigen, daß „wir Gespenster“ untereinander uns auch in Abwesenheit austauschen.
A. K.

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Eine Beobachtung von Niklas Luhmann, die auf eine Bemerkung Richard Sennetts antwortet

Nach einer Beobachtung von Niklas Luhmann gehört es zu den Unterschieden zwischen dem 17. Jahrhundert (Anfängen des homo novus) und dem 21. Jahrhundert (Ratlosigkeit des homo novus), daß „Selbstverwirklichung“ im gesellschaftlichen Alltag heute nur unzureichend erlebt werden kann. In der Systemwelt (Beruf, Karriere, Leistung) werden nur Teile der Person abgefragt, ja es wäre lästig, wenn einer während der Betriebs- und Leistungszeit mit seiner ganzen Person (allen überflüssigen und überfließenden Eigenschaften) daherkäme und die anderen mit seiner Ganzheit aufhielte. Die ganze Person, die nach wie vor Subjekt, d. h. Eigentum des Lebensläufers, bleibt, sagt Luhmann, muß sich in den intimen Beziehungen, noch dazu in deren engerem Ausschnitt der Sexualität beweisen und bestätigen. Das liegt wie eine Last auf der zärtlichen Kraft, so daß man eine Art Flucht aus der Überforderung, eine Flucht aus dem Liebeseigentum beobachten kann.

„Die Liebesbeziehungen werden, weil nur in ihnen der Einsatz der ganzen Person möglich erscheint, zu einer Bühne, also weniger wirklich als die Realität. Die gesellschaftlichen Beziehungen andererseits verlieren durch sie an Wert und gewinnen an Realismus.“

Die Heiratsvermittlerin Bärlamm weist darauf hin, daß eine Lösung nur darin bestehen kann, die libidinösen Bedürfnisse (sie hat Soziologie in Bielefeld studiert) in die Partialbeziehungen der Systemwelt einzubringen. Wie glücklich, sagt sie, macht das Lächeln der eingearbeiteten Fachkraft, mit der Doktor Mansfeld zwanzig Jahre seines Lebens verbracht hat; dagegen scheint ihm das Lächeln seiner Ehefrau, die er erst zwei Jahre kennt, beim Weggehen am Morgen eine andere Bedeutung zu haben als bloße Freundlichkeit. Er meinte, dieses Lächeln spiegle die Erwartung, daß der neue Tag mit seiner Hilfe für sie anders würde als die vergangenen Tage, was doch außerhalb seiner Macht steht. Viele heiraten heute, fügt Bärlamm hinzu, ihre Sekretärinnen. Kaum ist das geschehen, lasse sich die alte Vertrautheit des Betriebs nicht mehr herstellen. Schon sitze eine neue Fachkraft im Büro, die sich um den Chef bemühe. Unruhe sei die Folge.

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Metamorphosen eines bürgerlichen Charakters

Zu Niklas Luhmanns Behauptungen gehört, daß „die Zusammensetzung einzelner Eigenschaften zum Kontext eines Bürgers“ (also die Konstitution des bürgerlichen Menschen) ein Milieu voraussetzt. Einer ist Bürger, weil es die anderen Bürger gibt. Ohne ein solches Habitat zerfällt ein gesellschaftlicher Typus in seine einzelnen Eigenschaften.

Menschliche Eigenschaften, „Attribute“, so spitzt es Erhard Oeser zu, Nachfolger auf Ernst Machs Lehrstuhl in Wien, werden weggesprengt wie Elementarteilchen in einem Plasma. Den nackten Elektronen und Neutronen entsprechen aber nicht die Körper (sie sind so vielfältig wie der zusammengesetzte Charakter), sondern die VERDINGLICHUNG, der Spin der einzelnen Partikel. Zuletzt bin ich nur noch Schraube oder Clip.

Mein Onkel Gustav Fehn, bürgerlicher Mensch aus Franken, wurde Militär (vom Range eines Obersten an aufwärts galt er schon nicht mehr als bourgeois). Dieser Offizier war jetzt, im Jahre 1943, Besatzer in einem Land des Balkans. Er wurde von der „neuen Zeit“ im Windstoß fortgerissen. Zum Römer geworden? Zum Goten? Zum Übermenschen? Kurze Zeit später, die deutsche Macht brach zusammen, hätte er sich gern in Nordgriechenland ein Versteck gesucht. Ein Versteck vor den Alliierten.

Vielleicht als sachkundiger Berater einer Partisaneneinheit. Vom Offizier zum Räubergruppenführer. Der Mehrzahl seiner bürgerlichen Eigenschaften entledigt. Immer noch sterblich. Das Untertauchen in Nordgriechenland blieb ihm versperrt. Obwohl er eine junge Frau kannte, der riesige Landgüter in Mazedonien gehörten und die ihn gern zu sich genommen hätte. Daß ihm die Wandlung zurück zum Bürger nicht gelang, daran starb er. In Zivil gekleidet, wird er erschossen.

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Die Treuemaschine
Zum Begriff der ORGANISATION aus der Erfahrung von 1943

Magda Bügelsack, geborene Stolzheise, aus Halberstadt, seit 1940 verheiratet in Quedlinburg, besaß ein klares Unterscheidungsvermögen. Sie hatte eine Sehnsucht nach Treue. Woher? Von allen Vorfahren ererbt, von den Eltern erlernt, aus der Umgebung insofern, als alle ihre Freundinnen im Deutschen Reich das gleiche Bedürfnis hatten – gespiegelt in den Schlagern und ihren Freundschaften, in der Wahl dessen, den sie zu treffen suchten, mit dem sie sich verloben würden. Wenn es um etwas so Wertvolles geht wie das eigene Leben, dann hört die Beliebigkeit des Tausches auf.

Organisation wiederum beruht auf einer Währung, so Niklas Luhmann, der noch Flakhelfer war. Organisation gibt dem Anführer einer Vielheit das Recht, mit kurzen, den gesamten Begründungszusammenhang nicht referierenden Befehlen die Kameraden oder Kameradinnen hin und her zu bewegen, in Tätigkeit zu versetzen und in einer Weise zu beschleunigen, die innerhalb der Traditionen, aus denen die Treueverhältnisse stammen, nicht zu erklären ist. Der Anführer braucht die Anerkennung, sie ist nur von denjenigen Gefolgsleuten zu bekommen, die ihm Treue schulden, weil sie von ihm Treue erwarten. Wo dieses System, zum Beispiel auf den Rückzügen, verfiel, endete auch die ORGANISATION, die wichtigste neuartige Maschine, die in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zu den Maschinen des industriellen Zeitraums hinzutrat.

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Zum Begriff der passion bei Niklas Luhmann

Die Landkarte der Gefühle, welche die Madame de La Fayette für ihren Roman voraussetzt, gestattet nicht nur den Vergleich mit anderen Romanen, sondern auch den mit Erfahrungen des 20. und 21. Jahrhunderts, ja mit solchen in den USA, Kanada, Australien oder in Asien, die keine plausible Verknüpfung mit den Geschehnissen um die Prinzessin von Clèves und den Herzog von Nemours besitzen. Vergleichen heißt: Unterschiede machen. Nichts in dem frühmodern-antiken Roman entspricht unmittelbar dem inzwischen durch Mutation und Selektion veränderten „System der Liebe“.

„Passionierte Liebe ist eine unwahrscheinliche Institution.“

Der zugleich auf das 17. und auf das 21. Jahrhundert (von ihm aus Zukunft) gerichtete Blick Luhmanns betont das Paradoxe am Kommunikationsmedium Liebe. Sie soll Grundlagen für Dauerverhältnisse schaffen, sagt er, und sie habe eine gesellschaftliche Funktion (nicht nur, wenn es um die Mobilisierung von Wehrkraft im Dritten Reich oder von Wirtschaftselan beim Wiederaufbau nach 1948 geht). Zugleich besitze sie ein Programm der Leidenschaftlichkeit und Plötzlichkeit, die eine Kontradiktion zu DAUER und PRAKTIKABILITÄT enthalte. Insofern sei passion nicht nur eine „Anomalie“, sondern „eine ganz normale Unwahrscheinlichkeit“.

„Passionierte Liebe ist eine unwahrscheinliche Institution.“

Diese These hat Luhmann zunächst 1969 in einem seiner Seminare vorgetragen. 1982 erschien sein Buch Liebe als Passion. Nachträge seiner Theorie finden sich im Kommunikationskapitel von Die Gesellschaft der Gesellschaft (Frankfurt 1997). Drei Bereiche schließt Luhmann von seiner Analyse aus: Kauf der Liebe, denkende Besinnung auf Liebe (also Wege der Wahrheit), Zwang zur Liebe. Die Medien Geld, Wahrheit und Macht, unvereinbar mit den Regeln, die sich die zärtliche Kraft gibt, bilden den Hintergrund, vor dem Luhmann die Gelände der Liebe abbildet.

Die Welt ist komplex …

Komplex heißt, daß die moderne Welt mehr Möglichkeiten des Erlebens und Handelns bietet, als je aktualisiert werden können. Geboren in Canberra, die Mutter Russin, aufgewachsen in Hildesheim, tätig in New York, im Urlaub in Thailand, in der kommenden Woche verabredet mit Kollegen in Kapstadt. Ist dies das Leben einer Journalistin, einer Wissenschaftlerin, eines Unternehmers? Eines Headhunters, der Unternehmer suchen hilft? Oder interessiert die Suche nach Liebesverhältnissen auf dem Weg durch so unterschiedliche Orte des Planeten? Für das Personal des Romans Die Prinzessin von Clèves wäre solch räumliche Komplexität (es kommen hinzu die zeitliche, die funktionale, die persönliche, die sachliche) unwahrscheinlich. Wie auf Schienen bewegen sich die Personen in jenem Roman. Wenige dieser Schienen haben Geltung in der modernen „Würfel-Gesellschaft“ („Dice-Society“).

Das Erleben der Partner soll gemeinsam sein …

Amour propre, die Selbstachtung, hat seit dem 17. Jahrhundert eine stille, aber markante Karriere gemacht. Sie hat sich, so Luhmann, dahingehend spezialisiert, daß sie die Fähigkeit, sich aus Selbstliebe zurückzunehmen (das heißt, eine Reserve zu bilden, die dem Gegenüber dessen Eigenliebe einräumt), durch Projektion ersetzt. Der moderne amour propre bildet, so Luhmann, den Anderen entsprechend dem eigenen Ich-Bedürfnis ab. Man definiert den Anderen so, daß er das eigene Erleben bestätigt, das Erleben, das man selbst wünscht. Diese Einstellung aber, sagt Luhmann, ist dafür prädestiniert, das Erleben des Anderen zu verfehlen.

Die Schicksale des amour pur …

Das Problem der zärtlichen Kraft ist nicht deren ÜBERWÄLTIGUNG DURCH SINNLICHKEIT (oder bei Freud, kritisch und nicht verurteilend verwendet, VERUNREINIGUNG), auch nicht die Beteiligung des Eigeninteresses (wie bei der Prinzessin, deren Mutter oder bei Monsieur de Nemours, dem Ehemann der Prinzessin), sondern die KOMPLEMENTÄRE BEWUSSTHEIT beiderseitiger Beziehungen: Keiner ist mehr naiv, beide betrachten sich mit den Augen des anderen. Dies sei eine heute ubiquitär verbreitete Eigenschaft, meint Luhmann, sie sei übrigens für die Erhaltung der Liebe unentbehrlich. Sie sei aber für die Herstellung „reiner Liebe“, also purer Zärtlichkeit, besonders unbrauchbar. Der Tausendfüßler Liebe beginne mit jedem der Teilnehmer, an verschiedener Stelle anfangend, seine Glieder zu zählen, sobald das Ziel amour pur heiße. Notwendig sei es, chimärische Formen der zärtlichen Kraft anzuerkennen. Eine Dauerbeziehung könne nicht auf ein „fluktuierendes, unbeherrschbar Aufquellendes und ebenso unbeherrschbar wieder versiegendes Gefühl“ gegründet werden. PASSION sei eine nicht zu verantwortende, zufällige Verfassung, deren Eintreten ebensowenig beherrscht werden könne wie ihr Verlöschen. Es bestehe Widerspruch zwischen ZWANGSLÄUFIGKEIT und FREIHEIT, IMPULSIVITÄT und DAUER.

„Liebe ist nicht nur qua Ideal, sondern auch qua Institution eine Überforderung der Gesellschaft.“
Es sei insofern einfacher, nur noch in Filmen und Romanen passion auszuüben als in der Realität.

Man liebt die Liebe und danach einen Menschen, den man lieben kann …

Man kann bereits lieben, ohne einen Partner zu haben. Man bringt mehr Liebesvermögen in sich hervor, wenn man jemanden hat, der nicht wiederliebt. „Was geht’s dich an, wenn ich dich liebe.“ Der Partner von heute klettert nicht über eine höfische Absperrung zur Tanzfläche und wird nicht durch einen König für mich zum Tänzer bestimmt. Vielmehr muß ich mich als moderner Mensch unternehmerisch überhaupt erst an Orte und auf Plattformen bewegen, wo ich von Partnern gefunden werden kann. Die Handlung, sagt Luhmann, legt weite Wegstrecken zurück, ehe sich eine Liebesszene realisiert. Die Wegzehrung besteht aus „Liebe zur Liebe“.

Wie eng darf eine Verbindung sein …?

In Platons Gastmahl geht es um die Verliebtheit. Der Teilnehmer Aristophanes erzählt von den Anfängen der Menschen, die zunächst Doppelwesen mit vier Armen, vier Beinen gewesen seien, die in die Erde zeugten; zuletzt fühlten sie sich so stark, daß sie den Götterhimmel erstürmen wollten. Zur Strafe läßt sie Zeus halbieren. In seinem Auftrag wurden sie in eine männliche und eine weibliche Hälfte zerschnitten, jetzt nur noch je zwei Arme, zwei Beine, die Haut wie bei einem Schnürbeutel auf dem Nabel zusammengezurrt. Seither sind sie sehnsuchtskrank.

Im Verlauf des Gesprächs wird ein praktischer Vorschlag gemacht: „Und wenn zu ihnen, während sie dasselbe Lager teilten, Hephaistos mit seinen Werkzeugen hinanträte und sie fragte […]: Ist es das etwa, was ihr wünscht, möglichst an demselben Orte miteinander zu sein und euch Tag und Nacht nicht voneinander zu trennen? Denn wenn es euch hiernach verlangt, so will ich euch in eins verschmelzen und zusammenschweißen, so daß ihr aus zweien einer werdet und euer ganzes Leben als wie ein Einziger gemeinsam verlebt, und, wenn ihr sterbt, auch euer Tod ein gemeinschaftlicher sei, und ihr dann wiederum auch dort im Hades einer statt zweier seid.“ Dieser Vorschlag, zusammengenietet zu werden, geht den Liebenden jedoch zu weit. Es ist keineswegs ein zweckmäßiger Zustand, mechanisch aneinandergekettet zu sein. Es geht vielmehr um das genaue Maß, das ein Ungefähres einschließt: bestimmte Quanten an Eigenbewegung, bestimmte Quanten an Berührung.

Sich hierauf beziehend spricht Luhmann von GLÜCKSQUANTEN und von einer NERVENWAAGE, die sie mißt und die ein Mensch in sich trägt.

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„Einmal in Kommunikation verstrickt, kommt man nie wieder ins Paradies der einfachen Seelen zurück.
Gespräch vom April 1994 mit Niklas Luhmann

ALEXANDER KLUGE Sie haben ein faszinierendes Buch geschrieben, Liebe als Passion. Was ist Passion?

NIKLAS LUHMANN Das Buch ist ein historisches Buch. Passion ist zunächst ein historischer Begriff, der sich von passiv zu aktiv umwandelt. Passion ist etwas, was man erleidet, wenn man eine schöne Frau sieht und die Augen verletzen mich. Es wird zu einem aktiven Prinzip umstilisiert im 17. Jahrhundert. Es geht um die Frage, wieso eine radikale Umkehrung eines eingeführten, komplex diskutierten Begriffes vorkommen muß und was ein Soziologe dazu sagen könnte.

KLUGE Sie sagen etwas, was umgangssprachlich verblüffend ist: Liebe ist kein Gefühl, sondern eine Codierung von Intimität.

LUHMANN Ich gehe zunächst davon aus, daß man nicht weiß, was Einzelne empfinden, wenn sie lieben, wie konstant und wie aufrichtig ihre Darstellung ist.

KLUGE Das weiß auch der andere nicht.

LUHMANN Das weiß man selber auch häufig nicht. Oder es scheint einmal so und dann wieder anders. Was man als Soziologe beschreiben kann, ist die Kommunikation: Welche Vorschriften, welche kulturellen Imperative existieren? Wie muß man sie äußern, an welche Grenzen kann man gehen? An welche Probleme gerät man?

KLUGE Sie sagen das als Soziologe, aber Sie schreiben wie ein Autor, wie ein Schriftsteller, wie Robert Musil es auch nicht anders schreiben würde.

LUHMANN Es sind deutliche Theorieteile enthalten. Das ist der Versuch zu erklären, wieso die moderne Familie mit einer Liebeserklärung gegründet werden muß und nicht mit elterlichen Finanzarrangements. Davor muß man sich verlieben, so schwer es einem unter Umständen fällt. Das ist weltweit und historisch gesehen eine unnatürliche Sache, insbesondere von den Oberschichten, die Vermögen zu verwalten haben. Die soziologische Frage ist, wie diese moderne Theorie zustande kommt, wie man ausprobiert, ob das geht. Mit welchen Floskeln, mit welchen Formeln, mit welcher Art von gespielter oder aus dem Spiel entstehender wirklicher Aufrichtigkeit hat man es zu praktizieren?

KLUGE Vor dem 17. Jahrhundert hat man entweder Barbarei, ein Acker heiratet den anderen oder die Eltern verfügen