Oswald Egger erhält den Georg-Büchner-Preis 2024

Der Autor „überschreitet und erweitert die Grenzen der Literaturproduktion“, heißt es in der Jury-Begründung.

Online seit: 19. Juli 2024

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verleiht den Georg-Büchner-Preis 2024 an Oswald Egger. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert und wird am 2. November 2024 in Darmstadt überreicht.

In der Begründung der Jury heißt es:

„Mit Oswald Egger zeichnet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen Schriftsteller aus, der seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahre 1993 die Grenzen der Literaturproduktion überschreitet und erweitert. Er arbeitet an einem Werkkontinuum, das Sprache als Bewegung, als Klang, als Textur, als Bild, als Performance begreift und sich in der Fortschreibung und Veränderung des Sprachgebrauchs entwickelt. Seine Prosagedichte und Textgewebe widersetzen sich der raschen Lektüre, laden zum assoziierenden Entschlüsseln von Bedeutungen ein und unterminieren spielerisch Erklärungssysteme, die wir zu kennen glauben. Eggers Wortkosmos fußt in der Mehrsprachigkeit und den Landschaften seiner Südtiroler Herkunft. Am Leitfaden der sinnlichen Wahrnehmung, im Gang über die Wortfelder der deutschen Sprache und ihrer Varietäten schreibt Oswald Egger die große Tradition einer Physiognomik der Naturformen fort, von den Steinen bis zu den Wolken. Die in seinem Werk enthaltene Welt entzieht sich der Verfügbarkeit, so wie seine Textlandschaften auf das Unverfügbare der Kunst verweisen.“

Oswald Egger, geboren am 7. März 1963 in Lana bei Meran/Südtirol, lebt und arbeitet als Autor auf der Raketenstation Hombroich bei Neuss und in Wien. Seit 2011 ist er Professor für Sprache und Gestalt an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. 2013 übernahm er die Thomas-Kling-Poetik-Dozentur an der Universität Bonn, 2003 eine Gastprofessur an der Cornell University, Ithaca, New York.

Egger studierte Literatur und Philosophie in Wien, gab in den 1990er-Jahren die Zeitschrift Der Prokurist sowie die edition per procura  heraus und war von 1986 bis 1995 Kurator der Kulturtage Lana. 1993 erschien mit Die Erde der Rede die erste größere eigenständige poetische Publikation. Bis heute hat Oswald Egger ein umfangreiches Werk vorgelegt. Dazu zählen unter anderem Nichts, das ist (2001), nihilum album (2007) und Diskrete Stetigkeit (2008) über die Wechselwirkungen von Mathematik und Poesie. 2010 veröffentlichte er das fast 800 Seiten starke Buch Die ganze Zeit mit Prosatexten, Vierzeilern und Zeichnungen über das Phänomen Zeit. Dass Schreiben und Gestalten in den Arbeiten Eggers ineinandergreifen, sich verschränken, zeigen auch die Bände Val di Non (2017) und Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt (2021), jeweils mit Zeichnungen und Aquarellen des Autors. Zuletzt erschienen ist der Band Farbkompartimente (2023).

Oswald Eggers Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt, sein Werk vielfach ausgezeichnet, darunter: Clemens-Brentano-Preis (2000), H.C. Artmann-Preis (2006), Peter-Huchel-Preis (2007), Oskar-Pastior-Preis (2010), Georg-Trakl-Preis für Lyrik (2017), Ernst-Jandl-Preis für Lyrik (2019).

Eine Auswahl seiner Veröffentlichungen:

  • Die Erde der Rede. Kleinheinrich 1993
  • Und : der Venus trabant. Oper als Topos ohne Ort. Edition Howeg 1997
  • Juli, September, August. Herde der Rede Moiré. Edition Solitude 1997
  • Herde der Rede. Poem. Suhrkamp Verlag 1999
  • Poemanderm Schlaf. (Der Rede Dreh). Edition Howeg 1999
  • To Observe The Obverse. Edition Howeg 2000
  • Nichts, das ist. Gedichte. Suhrkamp Verlag 2001
  • -broich. Homotopien eines Gedichts. Edition Korrespondenzen 2003
  • Room of Rumor. Tunings. green integer, Los Angeles 2003
  • Prosa, Proserpina, Prosa. Suhrkamp Verlag 2004
  • Tag und Nacht sind zwei Jahre. Kalendergedichte. Keicher Verlag 2006
  • nihilum album. Lieder & Gedichte. Suhrkamp Verlag 2007
  • Diskrete Stetigkeit. Poesie und Mathematik. Edition unseld 14, Suhrkamp Verlag 2008
  • Die ganze Zeit. Suhrkamp Verlag 2010
  • Euer Lenz, Suhrkamp Verlag 2013
  • Gnomen und Amben. Brueterich Press 2015
  • Was nicht gesagt ist. Berliner Rede zur Poesie. Wallstein Verlag 2016
  • Harlekinsmäntel und andere Bewandtnisse. Matthes & Seitz Verlag 2017
  • Val di Non, Suhrkamp Verlag 2017
  • Triumph der Farben, Lilienfeld Verlag 2018
  • Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt.
  • Suhrkamp Verlag 2021
  • Welten von A-Z. Münchner Rede zur Poesie. Stiftung Lyrik Kabinett München 2021
  • Farbkompartimente. Das böhmische Dorf 2023