Was ist echt?

Drei Fragen an Nava Ebrahimi anlässlich der Europäischen Literaturtage [ADVERTORIAL]

Online seit: 3. November 2025

Birgit Politycki: Sie sind in Teheran geboren und in Köln aufgewachsen. In Ihrem Debüt Sechzehn Wörter geht es um Worte, die wir nicht kennen, deren Bedeutung wir aber erahnen. Wie sehr prägt uns eine gemeinsame Sprache?

Nava Ebrahimi: Sehr, denke ich. Um das zu verdeutlichen, verwende ich am liebsten ein Wortpaar aus Sechzehn Wörter: Was auf Deutsch die „Kreuzung“ ist, ist auf Persisch wörtlich übersetzt ein „Vierweg“. Diese Beispiel veranschaulicht mir, wie Sprache unsere Wahrnehmung und unser Denken prägt. Wie schön, dass wir dennoch über die Gabe verfügen, einander über Sprachgrenzen hinweg zu verstehen.

Birgit Politycki: Ihr aktueller Roman Und Federn überall ist „ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit in einer immer inhumaneren Gesellschaft“. Worin besteht die größte Gefahr?

Nava Ebrahimi: Dass wir ebendiese Erzählung von der inhumaneren Gesellschaft übernehmen, die Erzählung von „Jetzt muss jeder sehen, wo er bleibt“. Letztlich sind wir die Gesellschaft, und wir entscheiden, wohin es geht.

Birgit Politycki: Die gegensätzlichen Welten in Deutschland und Iran sind immer wieder Bestandteil Ihres Schreibens. Was bedeutet für Sie in diesem Zusammenhang die Frage: Was ist echt?

Nava Ebrahimi: Echt im Sinne von ursprünglich, universell ist für mich das Streben aller Menschen nach Bindung, Zugehörigkeit, Sinnstiftung. Das liegt letztlich unter allen sozialen Konventionen, Traditionen, Bräuchen, unter allem, was wir im weitesten Sinne unter Kultur verstehen.

Nava Ebrahimi, geboren 1978 in Teheran, ist eine iranisch-deutsche Schriftstellerin. Zuletzt erschien ihr Roman Und Federn überall. Am 21. November liest sie im Rahmen der Europäischen Literaturtage im Klangraum Krems.