Es gibt Menschen, denen traut man einen gewöhnlichen Tag nicht zu. So einer war er.
Das Leben des Sinclair Lewis erscheint aus unserem heutigen Blick hinüber in das Amerika der Zwanziger-, Dreißiger- und Vierzigerjahre als eine Aneinanderreihung und Übereinandertürmung von Eskapaden und Exzessen, Irrsal und Wirrsal, Delirium und unbändiger Arbeitswut. Und so sah er auch aus, der Mann – als hätten ihm kleine Teufelchen die Erinnerungen an jede seiner Obsessionen in die Wangen geschlagen: ein Narbengesicht, hässlich und anziehend in einem. Seine zweite Frau, die Journalistin und Schriftstellerin Dorothy Thompson, beschreibt ihren Eindruck nach ihrer ersten Begegnung so: „Ich sah ein schmales, verwüstetes Gesicht vor mir, rot und zernarbt, gezeichnet von Versengungen durch elektrische Nadeln und Radium. Gott, was für ein einsamer, unglücklicher, hilfloser Mensch! Irgendjemand muss ihn lieben, sich seiner annehmen!“
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Als er endlich erreicht hatte, was er wollte, hat er alles dafür getan, um seinen Ruhm, seinen guten Ruf, seine Ehre und sein Talent zu ruinieren.
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Lewis’ erste Frau benötigte zwanzig Jahre, um sich von der Ehe mit diesem Genie zu erholen.
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Sinclair Lewis wurde herumgereicht, gehätschelt, Politiker versuchten, ihn für ihre Sache zu gewinnen, die Reichsten der Reichen wollten sich mit ihm schmücken; einmal sei er gar, schreibt Grace, in einem vergoldeten Rolls-Royce vom Flughafen abgeholt worden; Kollegen und Kolleginnen bemühten sich darum, ihn kennenzulernen, Virginia Woolf, Hugh Walpole, George Bernard Shaw.
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„Wenn ich mich je von Dorothy scheiden lasse, werde ich Adolf Hitler als Scheidungsgrund vor Gericht angeben.“
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Dieser Text ist nur in der Printausgabe 3/2017 verfügbar.