Seit einigen Jahren übertreffen einander Kommentatoren mit Aussagen über Südafrika, wonach die ab 1994 in Post-Apartheid geborene „freie Generation“ offenbar Rückschritte mache. Diese junge Generation halte nichts von der Regenbogennation und „verfalle“ zunehmend „wieder“ in identitäres Schwarzweißdenken. Dabei übersehen diese, vornehmlich älteren, gesetzteren Kommentatoren, dass es hierbei weniger um einen „Rückfall“ oder gar „Rückschritt“ hinter ihr wissendes, gelassenes, altes, weißes, buntes Denken geht als um eine Neugewichtung und Neubewertung des Diskurses.
Wenn also die forsche südafrikanische Dichterin Koleka Putuma in einem ihrer Liebesgedichte hart mit Nelson Mandela ins Gericht geht, will sie mehr als eine im Ohrensessel ausgedachte Dekonstruktion einer nationalen Ikone darbieten, sondern – ähnlich wie Greta Thunberg – will sie eine beflissene, bequeme, dämlich wissende, auch selbstgerechte Position grell beleuchten, wonach seit dreißig Jahren das Ende der Apartheid abgefeiert wird, aber für junge Südafrikaner*innen dieselben Ressentiments, Strukturen des Auseinanderhaltens, des Hasses die alltägliche Erfahrung prägen. Koleka Putuma entwirft ihren Nelson Mandela als jene Lichtgestalt, darin sich das hohle Selbstverständnis der Wissenden und Toleranten sonnt: eher Vertröster und Blender als ein Befreier. Die 1993 geborene schwarze Dichterin fordert die historische Wahrnehmung Mandelas heraus, fügt dem südafrikanischen Idol von etwa Barack Obama wütend die Adjektive „betrayal“, „fuckery“, „msunery“ (nach dem Zulu-Schimpfwort für beschissen) hinzu. Mehr noch in „the way that white people hold onto Mendela’s memory“ wird Mandela selbst zur ultimativen Gestalt der Unterdrückung, der Aufrechterhaltung des Status quo.
Mandela lieben
Doch während diese Elemente vielleicht eine Poesie anzudeuten scheinen, in denen die Verse eher vom Breitschwert als mit dem Florett springen, klingen auch subtilere Effekte in jenem Gedicht nach: Es trägt den Titel 1994: A Love Poem – und kreuzt im Mandela-Liebesparadox auf einer politischen Linie einerseits „Und das ist eine der vielen Überreste der Sklaverei: / geliebt zu werden wie Mandela“ und einer Linie der Sehnsucht andererseits: „Ich will jemanden, die mich ansieht / und mich liebt / so wie weiße Leute Mandela ansehen / und lieben“ Lieben, närrisch Lieben aus Blendung, um unterworfen zu bleiben, das Objekt der Liebe als
Dieser Beitrag ist nur für Abonnenten zugänglich. Bitte melden Sie sich in Ihrem Konto an, oder wählen Sie eines der drei unten stehenden Abos, um sofort weiterzulesen.
Das erfolgreichste, weil intellektuell beweglichste Literaturblatt unserer Tage*
– für den Preis von einem Espresso im Monat.
Förder-Abo
€ 9,00 / Monat
(Mindestlaufzeit: 12 Monate)
- Zugang zu allen Online-Beiträgen
- Printausgabe (4 Hefte / Jahr)
- E-Paper-Ausgabe (4 Hefte / Jahr)
- 300+ Online-Beiträge / Jahr
- Online-Leseproben und Vorabdrucke
- Zugang zu E-Paper-Ausgaben im Archiv
- Zugang zu ca. 2000 Beiträgen im Archiv
- Tägliche Presseschau
- Newsletter
- Novitäten-Telegramm
- Preis-Telegramm
- Ausschreibungen
- Ausgewählte VOLLTEXT E-Books
- Ausgewählte VOLLTEXT Specials
Digital
€ 2,00 / Monat
(Mindestlaufzeit: 12 Monate)
- Zugang zu allen Online-Beiträgen
- E-Paper-Ausgabe (4 Hefte / Jahr)
- 300+ Online-Beiträge / Jahr
- Online-Leseproben und Vorabdrucke
- Zugang zu E-Paper-Ausgaben im Archiv
- Zugang zu ca. 2000 Beiträgen im Archiv
- Tägliche Presseschau
- Newsletter
- Novitäten-Telegramm
- Preis-Telegramm
- Ausschreibungen
Print & Digital
€ 3,00 / Monat
(Mindestlaufzeit: 12 Monate)
- Zugang zu allen Online-Beiträgen
- Printausgabe (4 Hefte / Jahr)
- E-Paper-Ausgabe (4 Hefte / Jahr)
- 300+ Online-Beiträge / Jahr
- Online-Leseproben und Vorabdrucke
- Zugang zu E-Paper-Ausgaben im Archiv
- Zugang zu ca. 2000 Beiträgen im Archiv
- Tägliche Presseschau
- Newsletter
- Novitäten-Telegramm
- Preis-Telegramm
- Ausschreibungen
* Saarländischer Rundfunk
FAQ
Wie kann ich ein VOLLTEXT-Abonnement verschenken?
Sie können alle VOLLTEXT-Abonnements befristet oder unbefristet verschenken. Die Mindestlaufzeit beträgt ein Jahr. Danach kann das Abonnement auslaufen oder wahlweise durch die Schenkenden oder die Beschenkten verlängert werden.
–> Bestellinformationen
Was sind E-Paper-Ausgaben?
E-Paper-Ausgaben entsprechen 1:1 der gedruckten Zeitschrift. Abonnenten erhalten nicht nur Zugriff auf die jeweils aktuelle Ausgabe, sondern auch auf ältere Hefte im Archiv (gegenwärtig alle Ausgaben seit 2016).
Gibt es Kündigungsfristen?
Nein, Sie können das Abonnement jederzeit formlos per E-Mail oder Post kündigen.
Ich bin bereits Abonnent der Printausgabe und möchte Zugang zu den Online-Beiträgen, wie komme ich dazu?
Wenn Sie bereits über ein Online-Konto auf Volltext.net verfügen, können Sie mit Ihrem bisherigen Passwort auf die Beiträge hinter der Paywall zugreifen.
Ich kann die heruntergeladenen E-Paper-Ausgaben nicht öffnen.
Die E-Paper-Ausgaben sind mit einem Passwort geschützt. Informationen zum Passwortschutz finden Sie nach der Anmeldung auf der Startseite Ihres Online-Kontos.
Wo finde ich mein Online-Konto?
Am oberen, rechten Rand des Bildschirms finden Sie einen Link „Mein Konto“, über den Sie sich einloggen können.