Literatur ohne Betrieb

Fünfzehn Bände umfasst das Werk des kürzlich verstorbenen Ernst Brauner, wahrgenommen wurde er vom Feuilleton trotzdem nicht. Von Anton Thuswaldner

Online seit: 6. September 2019

Dass Autorinnen und Autoren von der Bildfläche verschwinden, ist die Regel, nicht die Ausnahme im Literaturbetrieb. Dagegen gibt es auch gar nichts zu sagen, dafür haben wir ja einen Kanon, der einer ständigen Überprüfung bedarf und Bücher und deren Verfasser ans Licht holt, an die sich lange niemand erinnern mochte, und andere dem gnädigen Vergessen überantwortet. Nur prägenden Gestalten der Literatur- und Geistesgeschichte ist ein Dauerplatz reserviert.

Aus der Pariser Bibliothèque nationale wurden von den Büchern, die seit 1820 angeschafft wurden, mehr als zwei Millionen Titel noch überhaupt nie entliehen.

Es heißt, dass aus den Beständen der Bibliotheken allenfalls ein Zehntel der Bücher tatsächlich ausgeliehen wird. Aus der Pariser Bibliothèque nationale wurden von den Büchern, die seit 1820 angeschafft wurden, mehr als zwei Millionen Titel noch überhaupt nie entliehen. Zwischen 1800 und 1900 erschienen in England rund 40 000 Romane, kaum etwas aus dieser Masse ist uns heute auch nur vom Titel bekannt. Literaturgeschichten sind ein Archiv besonderer Bücher, sind errichtet über einer Masse von Unbekanntem, weil Ausgemustertem und Ungelesenem. Wer wagt schon zu behaupten,